Burgtheater: Zehn Millionen Euro als Sicherheit

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Im Burgtheater wird am Jahresabschluss 2012/13 gebastelt. Dafür musste sich die Holding allerdings bereit erklären, für ihre Tochter zu haften. Andernfalls hätten die Wirtschaftsprüfer ein positives Testat verweigert.

Wien. Anfang der Woche tagte der Aufsichtsrat der Bundestheater-Holding. Schon die Tage davor herrschte in der Holding Ausnahmezustand, war man doch damit beschäftigt, einen Punkt auf der Tagesordnung vorzubereiten, der bisher noch nie darauf zu finden war: „Wir hatten für die Aufsichtsratssitzung der Holding eine Patronatserklärung vorzubereiten. Das war im Vorfeld überaus kompliziert. Es ging bei uns deshalb sehr hektisch zu.“

Das glaubt man Georg Springer, Chef der Holding, aufs Wort. Seit der Ausgliederung 1999 ist es noch nie vonnöten gewesen, dass die Bundestheater-Holding einer ihrer Töchter so tatkräftig unter die Arme greifen muss. Doch die Burg ist für Premieren gut. Um ein drohendes Insolvenzszenario abzuwenden, sind die Eigentümer nun angehalten, finanziell einzuspringen. In diesen Wochen wird in dem krisengeschüttelten Theater nämlich daran gebastelt, irgendwie einen Jahresabschluss auf die Beine zu stellen, den auch die Wirtschaftsprüfer bereit sind abzusegnen.

Der Kassasturz lässt keinen Raum für Optimismus: Eine einfache Rechnung zeigt die Dramatik. In der Bilanz 2011/12 des Theaters ist das Eigenkapital mit 9,3 Millionen Euro ausgewiesen. Für das Geschäftsjahr 2012/13 wird mit einem Defizit von etwa 8,4 Millionen Euro gerechnet. Dazu kommen aber noch bis zu fünf Millionen an bald zu berappenden Steuerschulden. Sie sollen der kreativen Lohnverrechnung der entlassenen Geschäftsführung anzulasten sein. Unterm Strich kann das Theater aus eigenen Kräften kein positives Eigenkapital aufweisen.

Ein veritables Problem. Die Wirtschaftsprüfer können bei buchmäßiger Überschuldung nur dann einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen, wenn die Geschäftsführung des Hauses in der Lage ist, eine positive Fortbestandsprognose vorzulegen. Das heißt konkret, die Fragen „Kann das Unternehmen in der nächsten Zeit überleben?“ und „Hat es genügend Liquidität, um alle Verbindlichkeiten zahlen zu können?“ müssen der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer und die neue Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann mit Ja beantworten können. Nun, da sich der Aufsichtsrat bereit erklärt hat, die Patronatserklärung abzusegnen, das heißt, im Ernstfall Geld einzuschießen, ist das wohl auch möglich. Zu Näherem, etwa in welcher Höhe die Holding bereit ist, für das Burgtheater zu haften, oder ob die abgegebene Erklärung eine befristete ist, wollte sich weder die Bundestheater-Holding noch der neue Aufsichtsratsvorsitzende Christian Strasser äußern. Letzterer gab jedoch am Donnerstag bekannt, dass er sich gegen Ende des Jahres von seiner Aufsichtsratsfunktion zurückziehen werde.

Burgtheater will Zeit gewinnen

Wie „Die Presse“ in Erfahrung bringen konnte, steht die Holding für ihre Tochter bei einem Liquiditätsengpass mit einer Summe von bis zu zehn Millionen Euro gerade. Beide Seiten, also die Eigentümerin und die Geschäftsführung der Burg, hoffen jedoch, dass es erst gar nicht notwendig werden wird, Bares hineinzupumpen. Wie gut und schnell sich das Burgtheater erholt, hängt maßgeblich davon ab, wie erfolgreich die geplanten Maßnahmen, Mittel zu lukrieren, umgesetzt werden können. Mit der Besicherung hat man aber immerhin einmal Zeit gewonnen. Denn der geplante Verkauf der Probebühne lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Zeitdruck wirkt sich im Zweifel für das Geschäft nachteilig aus. Denn jetzt geht es darum, die Nebenkosten des Verkaufs möglich gering zu halten, und vor allem will man eine optimale Finanzierungsform für die Transaktion finden. Alles Schritte, die sich bis zum 24. April, dem Tag, an dem die Bundestheaterholding die Jahresabschlüsse präsentieren will, nicht machen ließen. Mit der Patronatserklärung ist nun der größte Stolperstein für die Erstellung der Bilanz aus dem Weg geräumt. Jetzt geht es nur noch um andere Finessen. Wirtschaftliche Risken müssen bewertet werden. Die Höhe der Steuerschulden der Burg etwa. Aber auch, wie der Rechtsstreit mit den entlassenen Geschäftsführern Silvia Stantjesky und Matthias Hartmann zu Buche schlagen wird. Das allerdings weiß heute noch niemand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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