Haiders posthumer Hypo-Erfolg: Die Zerschlagung von Rot-Schwarz

Die Regierung wird die Geister, die der Kärntner Landeshauptmann und seine FPÖ riefen, nicht mehr los. Daran ist sie aber selbst schuld. Ungeschickter geht's nicht.

Wäre es nicht taktlos, im Zusammenhang mit dem freiwilligen Sterben von Jörg Haider bei einem Autounfall 2008 von einem „Treppenwitz der Geschichte“ zu schreiben, es wäre einer: Mit der Pleite der Hypo Alpe Adria gelingt Haider posthum, was er sein ganzes politisches Leben erreichen wollte, nämlich die dauerhafte Zerschlagung der rot-schwarzen Mehrheit.

So gesehen kann bei dem Drama um die Hypo jetzt vor deren „Abwicklung“ von einer Haider-Erfolgsstory gesprochen werden. Unter seiner Führung mit freundlicher Unterstützung von SPÖ und ÖVP in Kärnten und mit aktiver Duldung von Wolfgang Schüssel zwecks Erhalt der schwarz-blauen Koalition (Georg Wurmitzer, Ex-ÖVP-Chef in Kärnten, bitte melden!) trieb die Hypo spätestens ab 2003 auf die Pleite zu. Seit 2009 hängt sie wie ein Mühlstein um den Hals der Kabinette Faymann I und II. Untergehen wird dabei als Erstes die ÖVP. Sie stellt seit 2006 die Finanzminister. Ex-Hypo-Aufsichtsratschef Johannes Ditz bitte melden, Ex-Hypo-Vorstand Gottwald Kranebitter bitte auch!

Die Verschleppung einer Lösung für das Hypo-Desaster wird vor allem Josef Pröll, Maria Fekter und jetzt Michael Spindelegger angelastet werden. Die hohen Kosten für die Steuerzahler auch. So viel politischen Schaden für die ÖVP konnte Haider in seinen besten Jahren nicht anrichten.

Ohne tatkräftige Mithilfe von SPÖ und ÖVP wäre das natürlich nicht möglich. Vor allem seit das Problem nach der Nationalratswahl 2013 nicht mehr „unter den Teppich gekehrt“ werden konnte (© Ex-Raiffeisen-General Christian Konrad in ORF III), passiert der Regierung, passiert Finanzminister Michael Spindelegger ein politischer, verhandlungs- und kommunikationstechnischer Fehler nach dem anderen.

Es ist ihnen gelungen – ganz im Sinn von Jörg Haider –, der Bevölkerung eine geballte Ladung von Inkompetenz, Unglaubwürdigkeit und Misstrauen vor die Füße zu knallen. Die Fakten seit der Wahl beweisen es: Budgetloch, Bruch von Wahlversprechen der ÖVP („Mit mir keine neuen Steuern“), Belastungen, Verwirrspiel mit Milliarden. Hinzu kommt noch, dass die Mitglieder der Regierung und die Vertreter von SPÖ und ÖVP den Zorn der Bürger einfach nicht „spüren“.

Mit jeder Entscheidung machen sie die Sache nur noch schlimmer: Verweigerung einer parlamentarischen Untersuchung, Einsetzung einer Alibikommission, deren Leiterin, Irmgard Griss, selbst die Zweckmäßigkeit öffentlich in Zweifel zieht, unzählige Versuche der Regierung, das Thema Hypo loszuwerden. Sie müssen scheitern. Alle Handlungen der Regierung kurz- und mittelfristig werden in dem Strudel der Hypo-Katastrophe verschwinden.

Auch deshalb war die Ankündigung Spindeleggers im Nationalrat, er habe einen Schlussstrich unter die Hypo gezogen, politisch fatal. Wie könne er das nur sagen, das werde zum Bumerang, wunderte sich ein Kenner der Situation gleich nach der Rede. Die Hypo hat Faymann und Spindelegger außer Tritt gebracht. Nichts gelingt mehr!

Ein professionelles Krisenmanagement gibt es nicht. Deshalb gelingt es der Regierung auch nicht wirklich, die Verantwortung Haiders und der FPÖ für die Hypo-Folgen zu trommeln. Im Gegenteil: Treppenwitzartig profitieren die FPÖ und Heinz Christian Strache von dem Scherbenhaufen, den Haider hinterlassen hat. Er wird aber auf Jahre hinaus die Politik von Rot und Schwarz zwingend bestimmen und prägen.

SPÖ und ÖVP werden gemeinsam die Mehrheit im Nationalrat verlieren, wenn sie so weitermachen wie bis jetzt. Sie müssten zur Besinnung und zu einer Korrektur ihrer Politik hin zu einem radikalen Reformkurs, ihres Auftretens hin zu weniger Machtarroganz und ihrer Kommunikationsstrategie hin mehr Offenheit und weniger Verschlagenheit kommen. Dann könnte die FPÖ nicht den Retter vor Rot und Schwarz spielen. Den Retter, der Haider einst sein wollte. Wenn das keine Ironie der Geschichte ist.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Zur Autorin:

Anneliese Rohrer
ist Journalistin in Wien: Reality Check http://diepresse. com/blog/rohrer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

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