Österreichs volatile Europaabgeordnete

Angelika Werthmann
Angelika WerthmannAPA/HELMUT FOHRINGER
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Angelika Werthmann ist das jüngste und bisher spektakulärste Beispiel einer Listen-Hopperin.

Wien. „Weil diese Partei mit den Werten und Prinzipien, auf denen die Alde-Fraktion gründet, nicht übereinstimmt, gehe ich davon aus, dass Sie mit sofortiger Wirkung aus der Gruppe zurücktreten.“ Dieses E-Mail erhielt die österreichische Europaabgeordnete Angelika Werthmann diese Woche vom liberalen Fraktionschef im EU-Parlament, Guy Verhofstadt. Der Grund war ihre eben verkündete Kandidatur für das BZÖ.

Werthmann ist nur ein Beispiel heimischer EU-Abgeordneter, die sich weit weg von jener Liste bewegt haben, auf der sie einst heimische Wähler in das Europaparlament entsendet haben. Die Salzburgerin hatte bei der Europawahl 2009 auf der Liste Martin kandidiert. Schon 2010 kündigte sie die Zusammenarbeit mit dem parteifreien Abgeordneten Hans-Peter Martin auf und wechselte zur liberalen Fraktion (Alde). Diese Woche nominierte sie das BZÖ für den zweiten Listenplatz hinter Ulrike Haider-Quercia. Sie ist also von einer linken EU-kritischen Liste vorerst zu den europa- und wirtschaftsfreundlichen Liberalen und weiter zum rechtsliberalen EU-kritischen BZÖ gewechselt.

Jene Wähler, die 2009 das BZÖ gewählt hatten, brachten zwar mit Verzögerung ihren Spitzenkandidaten, Ewald Stadler, in das Europaparlament. Stadler ist aber mittlerweile nicht mehr BZÖ-Mitglied. Der ehemalige FPÖ-Politiker, der 2007 mit den Freiheitlichen brach, wurde 2013 aus dem Bündnis ausgeschlossen und kandidiert diesmal mit seiner eigenen Liste, den Reformkonservativen (Rekos).

Ein aus anderen Gründen spektakuläres Listen-Hopping betrieb Martin Ehrenhauser. Er trat ebenso wie Werthmann 2009 auf der Liste Martin an. 2011 brach er mit seinem ehemaligen Mentor und zeigte diesen wegen missbräuchlicher Verwendung öffentlicher Gelder an. Kurz tauchte er bei Veranstaltungen der Neos auf, bevor er Anfang des Jahres zum EU-kritischen Wahlbündnis „Europa Anders“ wechselte. Er wird nun Spitzenkandidat dieser Gruppe, zu der auch die KPÖ zählt.

Dass auf die parteipolitische Verankerung von Kandidaten bei der Europawahl wenig Verlass ist, mussten allerdings auch SPÖ-Wähler nach der Wahl 1999 erkennen. Damals war Hans-Peter Martin Spitzenkandidat der Sozialdemokraten. Schon kurz danach verließ er die Delegation der SPÖ-Europaabgeordneten und wurde fraktionslos. 2004 trat er erstmals mit einer eigenen Liste an und zog gemeinsam mit der Listenzweiten, Karin Resetarits, in das Europaparlament ein. Resetarits hielt es aber so wie ihre Nachfolger nicht lange bei dem ehemaligen „Spiegel“-Journalisten und Buchautor aus. Auch sie wechselte bereits ein Jahr später zu den Liberalen. 2009 trat sie bei der EU-Wahl nicht mehr an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

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