Guggenbichler: „Werde gehasst – hasse mich selbst“

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Dietmar Guggenbichler eine Reizfigur zu nennen wäre untertrieben. Er ist der meistgehasste Detektiv Österreichs, vielleicht der beste. Man nannte ihn „.38 Special“.

Ich hasse drei Dinge auf den Tod: Drogen, Kindesmörder oder solche, die sich an Kindern vergehen, und Korruption.“ So kompakt fällt die Selbstbeschreibung des nahe Klagenfurt lebenden Detektivs Dietmar Guggenbichler aus. Doch es wäre nicht Guggenbichler, fiele ihm nicht noch ein deftiger Zusatz ein: „Manchmal hasse ich mich selbst.“

Und wann? „Wenn ich nicht das tun darf, was ich gern mit jemandem anstellen würde. Manchmal hasse ich mich, weil ich nicht kann, wie ich will, oder weil ich nicht darf, wie ich will.“ Dahinter steckt die für Guggenbichler nicht immer leicht zu verdauende Einsicht, dass es ja auch noch so etwas wie den Rechtsstaat gibt. An dessen Grenzen müssen die mitunter handfesten Methoden des gebürtigen Oberösterreichers zwangsläufig haltmachen.

Der Mann mit dem Schnauzbart, der nie ohne seinen Revolver unterwegs ist, wird am 29. Juni 72 Jahre alt. Er arbeitet nicht allein. Drei Berufsdetektive stehen ihm zur Seite (zwei davon waren auch im Fall Nitsch mit an Bord). Betritt man sein Büro, vermittelt nicht nur ein alter, aber funktionstüchtiger Wurlitzer die Patina vergangener Jahrzehnte. Zeitungsausschnitte, Fotos und Bücher von damals werden gesammelt und dokumentiert. Darunter finden sich Jahrhundertfälle. Das Versenken des Frachtschiffes Lucona durch ein einstiges Liebkind höchster politischer Kreise: Udo Proksch. Der von Wirtschaftsbetrügereien durchsetzte AKH-Skandal. Oder die illegalen Exporte der Waffenschmiede Noricum. Damals immer mittendrin: Dietmar Guggenbichler.

„Im Fall Lucona hat man mich angeschossen, Politiker haben mich in die Pfanne gehaut. Aber ich habe schon vor 25 Jahren den Herrn Innenminister Blecha abgehört.“ Bekenntnisse wie dieses sprudeln geradezu heraus – aus dem gerissenen Schnüffler von damals, der aber nach wie vor (zuletzt in Sachen Hypo Alpe Adria) im Geschäft ist. „Viele Kollegen kreiden mir an, dass ich zu weit gehe. Ich werde von vielen gehasst.“

Guggenbichler kennt seinen Ruf und pflegt ihn. „Ich habe ihn so lange geprügelt, bis er gekotzt hat“, sagt er über einen Mann, der ihm damals bei der Aufklärung des Falles Lucona (diese ist freilich nicht nur Guggenbichler allein zu danken) im Weg stand. Irgendwie habe ihm der Mann damals aber auch leidgetan. „Fürchterlich“, seufzt Guggenbichler, wenn er so zurückdenkt. „Nur: Ich habe ihn ja dreimal ganz normal gefragt, er hätte ja antworten können.“ Heiligt der Zweck die Mittel? Das auch wieder nicht. „Ich hab mich gewehrt. Es war Notwehr. Er hat mich zuvor mit einer Flinte empfangen.“

Ist denn Eigenwerbung wie „Das Unmögliche wird Realität“ oder „Hier ist der Beste, den Sie kriegen können“ nicht viel zu dick aufgetragen? „Man hat mir das zugeschrieben, ich habe ja vor vielen Jahren in Spanien und Frankreich die ETA ausgebildet. Da hatte ich einen Spitznamen: ,.38 Special‘.“ Frei nach der Munition dieses Kalibers. „Ich war der schnellste Revolverschütze Europas, und ich bin heute noch sehr gut.“ Mehr noch: „Ich maße mir an zu sagen – ich bin der Beste.“

Drohung eines Kollegen

Viele in der Branche sehen das anders. Mit einem Konzessionsentzug und mit Anzeigen war der passionierte Pokerspieler bereits konfrontiert. Erst kürzlich schrieb ihm ein Kollege kryptisch drohend: „Wir sehen einander, nein, ich sehe Sie und hoffe, dass Sie für die (nicht verdiente, aber längst überfällige) Pensionierung genug zur Seite geräumt haben, mehr wird es nämlich nicht mehr spielen.“

Angst hat der seit 36 Jahren in zweiter Ehe verheiratete Familienvater keine. Den Tod einer seiner vier Töchter führt Guggenbichler auf einen Mordanschlag zurück. Mitglieder der Drogenmafia hätten der Jugendlichen aus Rache für seine Ermittlungen im Schweizer Drogenmilieu eine Überdosis gespritzt. Wer in diese Abgründe sehen musste, hat einfach keine Angst mehr. (m. s.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

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