Deflation setzt EZB unter Druck

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Spanien rutscht in die Deflation, aber in den Kernländern der Eurozone wie Österreich und Deutschland ist die Inflation weiter robust. Was kann die EZB noch tun?

Wien. Es ist kein gutes Zeichen: Spanien vermeldete am Freitag überraschend, dass die Inflationsrate auf minus 0,2 Prozent gefallen und das Land damit offiziell in die Deflation geschlittert ist. Die Nachricht lässt Rufe nach einer weiteren Lockerung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) laut werden – da die bisherigen geldpolitischen Maßnahmen nicht auszureichen scheinen.

Denn wenn am Montag die Inflationsdaten für den Euroraum bekannt gegeben werden, dürfte die Inflationsrate auf nur noch 0,6 Prozent gefallen sein – so jedenfalls die Schätzung der meisten Experten. Kurz: Die EZB verfehlt ihr Ziel, rund zwei Prozent Inflation zu erzeugen, deutlich. Hinzu kommt ein Gefälle zwischen dem relativ gesunden Kern der Eurozone und der krisengeplagten Peripherie.

Bei null Prozent ist Schluss

Innen Inflation – außen Deflation, könnte man sagen. Denn in Österreich liegt die Teuerungsrate noch immer bei 1,5 Prozent. Und während in Spanien fallende Lebensmittelpreise als Hauptgrund für die Deflation genannt werden, ist es im Kern genau umgekehrt. Da treiben die Lebensmittelpreise die Inflationsrate deutlich höher. Bei Lebensmitteln lag die Teuerung in Österreich zuletzt bei 2,6 Prozent.

Das Problem für die Notenbank ist jetzt ein doppeltes: Denn erstens ist die Deflation in Spanien ganz sicher kein Zeichen eines nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwungs. Im Gegenteil. Die Zinsen sind seit geraumer Zeit auf einem Rekordtief: Von nur noch 0,25 Prozent kann die EZB sie auch nicht mehr weit senken. Bei null Prozent ist Schluss.

Gleichzeitig hat die Notenbank die europäischen Banken mit ausreichend superbilliger Liquidität versorgt – aber die Banken bunkern das Geld und verleihen es nicht in die Wirtschaft. Das lässt die Gesamtgeldmenge schrumpfen und als Effekt die Preise sinken. Geld wird also auf dem Markt mehr wert, obwohl die Herstellerin dieses Geldes, die EZB, es praktisch verschenkt.

Die EZB betont zwar, noch Pfeile im Köcher zu haben, um diese Situation zu bekämpfen. Die Frage ist nur: Welche? Sie könnte das Geld, das die Banken ironischerweise bei der EZB selbst bunkern (in der Form von Übernachteinlagen), negativ verzinsen – also eine Art Strafzoll für nicht vergebene Kredite verlangen. Aber bisher schreckt EZB-Chef Mario Draghi davor zurück. Es ist sogar möglich, dass die EZB diesen Abbau von Krediten zumindest bis zu einer gewissen Grenze gutheißt, weil das schlechte Investments eliminiert. Insofern würde sich die EZB auf die Selbstheilungskraft des Marktes verlassen. Wichtige Vertreter der europäischen Linken (allen voran Frankreichs Regierung und der SPD-EU-Kandidat Martin Schulz) glauben aber, dass die zurückhaltende Kreditvergabe der Banken das Wachstum schwächt.

Brutalo-Geldpolitik in Japan

Ultimativ wird die EZB wohl noch einige Tricks aus dem Ärmel zaubern, um die Geldpolitik noch weiter zu lockern. Eine Deflationsspirale wird man um fast jeden Preis verhindern wollen. Fraglich ist aber, ob die Notenbank überhaupt Inflation erzeugen kann, wenn der Markt gegen sie arbeitet.

In Japan ist man inzwischen zu einer Art Brutalo-Geldpolitik übergegangen, um der Deflation zu entkommen. Der langfristige Erfolg steht aber noch aus. In Europa wäre so eine Strategie aber schon allein deswegen nicht möglich, weil die Inflationsrate in Kernländern wie Deutschland oder Österreich dann entgleisen könnte. Deflationsbekämpfung ist immer ein Drahtseilakt – aber die EZB hat dank ihrer Zuständigkeit für mehrere unterschiedliche Länder eine besonders schwierige Aufgabe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

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