Geld bekommt keine Kinder

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Kinderbetreuung eher schon. Sonst kann man getrost auf kommende Generationen bauen, die mit einer anderen Rollenverteilung aufwachsen.

Es gibt zwar eine neue Familienstudie, Neuigkeiten gibt es trotzdem keine. Die Österreicherinnen bekommen immer später, immer weniger Kinder. Idealerweise wünscht man sich zwei Kinder, tatsächlich hat man dann nur eineinhalb (wie immer das in der Praxis auch ausschauen mag). Frauen leisten immer noch 60 Prozent der unbezahlten Arbeit im häuslichen Umfeld. Familienförderungen in Form von Geld haben bescheidene Auswirkungen auf die Fertilitätsrate. Sachleistungen (also Kinderbetreuungsplätze) deutliche. In Österreich gibt es folgerichtig im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Geldtransferleistungen, aber nur ein mittelmäßiges Volumen an eben solchen wirksamen Sachleistungen. Im Ernst.

Denkt man Familienförderung also in politischen Maßnahmen, ist die Antwort denkbar einfach: It's the Kinderbetreuung, stupid! Wer den Wunsch hat, der komplexen, höchstpersönlichen Entscheidung für ein Kind einen Schubs Richtung Ja zu geben, sorge dafür, dass sich zu möglichst flexiblen Zeiten, 365 Tage im Jahr, sommers wie winters, leistbar, direkt ums Eck, verlässlich und liebevoll gut ausgebildete Menschen um den Nachwuchs kümmern können. Ja, so einfach (und schwierig zugleich) wäre das, liebe Familienpolitiker und all jene, die sich dafür ausgeben.

Denkt man Familienförderung eher gesamtgesellschaftlich, dann liest man in der Studie am besten genauer die Gründe für unerfüllten Kinderwunsch nach. Und schon ist man mitten drinnen im echten Leben, dort, wo vordergründige politische Einflussnahme recht wenig kann: „Fortgeschrittenes Alter, Partner/in möchte kein Kind, Unzufriedenheit mit dem Partner/in, zwischenzeitliche Trennung, Unsicherheit im Kinderwunsch und Unzufriedenheit des Partners bei der Kinderbetreuung“ werden da als gewichtigste Hindernisse für eine Familiengründung genannt.

Und da versteht man ihn schon viel besser, den Trend zu einer kinderlosen Gesellschaft: Es gibt tatsächlich viele gute Gründe, keine Kinder zu bekommen. Und wahrscheinlich sind jene Menschen, die heute über Nachwuchs nachdenken, die Ersten, die diese Gründe relativ frei von gesellschaftlichen Zwängen ehrlich für sich abwägen können. Es ist heute für Frauen und Männer möglich, auf allgemein akzeptierte Lebensentwürfe zurückzugreifen, die auch ohne eigenen Nachwuchs ausreichend gesellschaftlich akzeptiert sind. Ob man sein Leben ganz der Arbeit, ganz der Familie, beidem zu gewissen Teilen widmet, oder doch ganz etwas anderes macht, bleibt einem selbst überlassen.

Doch gerade dann, wenn man vor einer echten Wahlfreiheit steht, wird es schwierig. Kinder bedeuten eingeschränkte persönliche Freiheit, weniger Geld und langfristige Verantwortung. Nicht jeder ist bereit dazu. Man muss nicht besonders egoistisch veranlagt sein, um sich von dem Hinweis auf die demoskopische Entwicklung allein nicht umstimmen zu lassen.

Außerdem haben viele junge Erwachsene, die über Nachwuchs nachdenken, zu Hause selbst noch eine Rollenverteilung erlebt, die sie – sagen wir – vorsichtig gemacht hat. Mütter, die mit Haus und Kindern alleingelassen worden sind, und nachdem das Gröbste vorbei war, ohne Berufsausbildung und Perspektive dagestanden sind. Väter, die auf ihre Berufstätigkeit reduziert wurden, und über die Alleinverdienerrolle hinaus zu Hause nie einen Platz gefunden haben. Kurz: ein für alle Beteiligten wenig erfüllendes Lebensmodell, das nur sehr begrenzt zur Nachahmung verleitet. Noch heute glauben nur 22 Prozent der Frauen, dass ein Kind ihr Leben verbessern wird.

Rettung ist möglicherweise schon in Sicht. In Kindergartengarderoben, auf Spielplätzen und in Spitalsambulanzen sieht man sie – wenn auch noch zu selten – immer häufiger: Väter mit ihren Kindern. Und die Mädchen und Buben, die da ihren Papa als fürsorglichen Elternteil erleben, von dem man sich auch gern bekochen, trösten und ins Bett bringen lassen will, werden sich dereinst auch für oder gegen Nachwuchs entscheiden müssen. Vielleicht haben sie wieder ein paar Pro-Argumente mehr.

E-Mails an: florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2014)

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