Der Hypo-Hühnerstall in der Ukraine

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Vor dem Untersuchungsausschuss zum Hypo-Desaster nimmt der Grüne Peter Pilz die Leasing-Geschäfte der Bank in Ost- und Südosteuropa unter die Lupe. Das zerrissene Land gehörte einst zu den wichtigsten Märkten .

Wenn einer auf Reisen geht, kann er was erzählen. Wenn es dabei um die Hypo Alpe Adria geht – das Fass ohne Boden für den Steuerzahler – , der Reisende Peter Pilz heißt und das Ziel seiner Kurzvisite die Ukraine war, dann ist Brisanz programmiert. „Es geht darum, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der kommen muss und auch sicher kommen wird, penibel vorzubereiten“, sagte der Grüne Abgeordnete nach seiner Rückkehr zur „Presse am Sonntag“. Dabei sei wichtig, nicht nur die großen Problemfelder aufzuzeigen. „Wir müssen uns auch den Nebenschauplätzen widmen.“

Ein gar nicht so kleiner Bereich waren die Leasinggeschäfte, die über die Leasing-Töchter in Südosteuropa abgewickelt worden sind. Also begibt sich Pilz nun auf Spurensuche. Nicht ganz zufällig knöpft er sich dabei als erstes jenes Land vor, das sich schon vor der aktuellen Krise durch politische Instabilität und Rechtsunsicherheit ausgezeichnet hat. Sein dortiger „Partner“, der Pilz die Zusammenarbeit bei der Aufklärung diverser mutmaßlicher Korruptionsfälle angeboten hat, ist Viktor Tschumak, Vorsitzender des Antikorruptionsausschusses im Kiewer Parlament.

Scheingeschäfte mit Scheinfirmen. „Die Leasing-Geschäfte erreichten in Kroatien, Bulgarien und Slowenien ein deutlich höheres Volumen als in der Ukraine – in Summe weit über eine Milliarde. Allen Geschäften dürfte aber ein ähnliches System zugrunde gelegen sein“, sagt Pilz. Die Hypo habe an Firmen, die wahrscheinlich gar nicht existierten, Kredite für Geschäfte vergeben, die es ebenfalls nicht gegeben haben dürfte. Möglicherweise habe man bei manchen Krediten ganz bewusst in Kauf genommen, dass sie uneinbringlich seien. Nicht ausschließen will Pilz, dass es zu Kick-back-Zahlungen gekommen sei.

Der Grüne Politiker untermauert seine Mutmaßungen – „die wir jetzt genau prüfen müssen“ – mit zwei konkrete Beispielen:

• Eine Personengruppe um einen gewissen Faiz Al-Araj soll in den Jahren 2004 bis 2007 insgesamt 90 mutmaßlich fiktive Firmen gegründet haben, hauptsächlich in der Ostukraine. Die Hypo scheint in diesem Filz an Scheinfirmen und Scheingeschäften auf, weil sie dieser Gruppe ein Grundstück abgekauft haben soll, auf dem möglicherweise ein Einkaufszentrum errichtet werden sollte. Aktenkundig ist dieser Fall deshalb geworden, weil die Generalstaatsanwaltschaft Kiew schon am 26. Mai 2010 an das österreichische Justizministerium eine Anordnung um Auskunft geschickt hat.

• Der zweite Fall ist viel umfangreicher: Es geht um einen Oligarchen. Er soll für fünf seiner Firmen – Avangard, Europe Trans, Donspetsprom, Favoryt Retail Network und BM Construction – von der Hypo Leasing Kredite über insgesamt 54,436573 Millionen Euro kassiert haben. Die haben sich als uneinbringlich erwiesen. Das geht aus einer Sachverhaltdarstellung hervor, die die Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger + Partner im Auftrag der Hypo erarbeitet und am 24. August 2012 der Staatsanwaltschaft Klagenfurt übermittelt hat. Den damaligen Hypo-Managern sei, so Pilz, ja schon klar gewesen, dass die Kredite faul waren und so hätte sich die Bank als Privatbeteiligte einem der laufenden Strafverfahren angeschlossen. Als Schaden wurden 31,351580 Millionen Euro geltend gemacht. Hinter der Firma Avangard steht übrigens der größte Eierproduzent der Ukraine mit 23 Millionen Legehennen, den der Oligarch gegründet und der ihn zu einem der reichsten Männer der Ukraine gemacht hat.

Wie hoch das Ausfallsrisiko in den Leasingtöchtern war, musste die Hypo schon im September 2009 gewusst haben. Denn schon Mitte 2008 beauftragten der damalige Aufsichtsrat und Vorstand der Bank PricewaterhouseCoopers (PWC), die Leasingtöchter auf Betrugsanfälligkeit und Risiko abzuklopfen, wie der „Standard“ kürzlich berichtete. Ende August 2009 lag die Analyse vor – drei Monate später musste die Bank notverstaatlicht werden.

Das Risiko in den geprüften Ländern, darunter Bulgarien, Kroatien, Slowenien, die Ukraine und auch Österreich wurde als mittel oder hoch eingestuft. Die größte Wahrscheinlichkeit, dass es zu Schäden kommt und die größte Höhe wurde in Bulgarien und Kroatien geortet. In Kroatien betrug das gesamte Volumen Mitte 2009 an die 1,4 Milliarden Euro. Dort sorgten vor allem verleaste Jachten und Flugzeuge für Schlagzeilen. Die Leasingtöchter wurden zur Gänze von der Mutter Hypo finanziert. Wurde das Geld knapp, wurde neues Geld hineingepumpt. Da das Leasinggeschäft nicht der Bankenaufsicht unterliegt, entzog es sich der Prüfung.

Die Ukraine macht der Hypo jetzt keine Sorgen mehr, die Bilanzsumme liegt nur mehr 17 Millionen, die Leasing-Forderungen sind überwiegend wertberichtigt.

Noch mehr Geld

Die Hypo Alpe Adria braucht heuer noch einmal 1,43 Milliarden Euro – bis Herbst. Dann soll die Abbaugesellschaft mit 17,8 Milliarden an toxischen Krediten in die ÖIAG-Tochter Fimbag übertragen werden.

Am 9.April wird deshalb eine Kapitalerhöhung über 750 Millionen Euro beschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2014)

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