Erdoğan-Berater: „Türkei braucht EU nicht mehr“

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Erdoğan(c) REUTERS (STAFF)
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Der einflussreiche Ex-Journalist, Yigit Bulut, empfiehlt die Abkehr von Europa und eine Hinwendung zur USA.

Istanbul. Die Türkei braucht die EU nicht mehr und sollte die Beziehungen zu den Europäern schleunigst beenden – mit diesem Vorschlag hat gestern, Mittwoch, ein enger Berater des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan das EU-Streben seines Landes öffentlich infrage gestellt. Das schwindende Interesse der Regierung an Europa ist schon länger feststellbar, doch betonte Ankara bisher, am EU-Beitrittsprozess werde festgehalten. Yigit Bulut plädiert nun dafür, die Taue zu kappen und sich auf die USA zu konzentrieren.

Der ehemalige Journalist ist für seine exzentrischen Thesen bekannt. Im vergangenen Jahr behauptete er, ausländische Kräfte wollten Erdoğan per Gedankenübertragung aus der Ferne töten. Doch auch wenn Bulut hin und wieder merkwürdig anmutende Gedanken äußert, sagen seine Ernennung zum Regierungsberater und sein politisches Gewicht im engeren Kreis um Erdoğan einiges über den Kurs der Regierung aus. Erst kürzlich hatte sich Erdoğan in einer wichtigen finanzpolitischen Frage der Meinung von Bulut angeschlossen und die Ansichten des Vizepremiers Ali Babacan zurückgewiesen.

Bulut verfügt also über Einfluss. In seiner Kolumne für die regierungsnahe Zeitung „Star“ schrieb er auch, die Türkei sei von Europa jahrelang gedemütigt und benutzt worden, habe dies aber heute nicht mehr nötig. Außerdem werde Europa nicht unter den globalen Machtzentren der Zukunft und daher auch nicht mehr besonders wichtig sein – die Türkei aber schon. Die USA würden in dieser Weltordnung der „neue Westen“ sein, während Europa unwichtig wird. Deshalb rät Bulut seinem Land, das Verhältnis zu den USA zu vertiefen, die Beziehungen zu Europa aber „zu beenden, ohne mehr Zeit zu verlieren“. (güs)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)

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