FPÖ: Herrn Straches Haiderisierung

Strache/ Haider
Strache/ Haider(c) Clemens Fabry
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Heinz-Christian Strache will sich aus strategischen Gründen vom rechten Parteiflügel emanzipieren. Mit Andreas Mölzers Demontage ist er womöglich einen Schritt zu weit gegangen.

Wien. In den nationalfreiheitlichen Kreisen kam Andreas Mölzers Demission überhaupt nicht gut an. Der Ärger der Burschenschafter, die über unzensuriert.at, die Homepage des früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, miteinander kommunizieren, richtet sich gegen Heinz-Christian Strache. Von einem „windelweichen“ Parteiobmann, der sich schon „auf dem Weg zum BZÖ“ befände, ist in den Debattenforen die Rede. Von „einem Kniefall vor dem linken Zeitgeist“. Und davon, dass die FPÖ offenbar die „Umvolkungspolitik voll mitträgt“, weil sie sich unter Strache auch als Vertreterin von integrierten Migranten verstehe.

Ein Poster, der sich „Absurdistani“ nennt, will Strache „hinausschmeißen“, wenn er nicht freiwillig gehe: weil er „die Besten abgelöst“, also schon „genug an unserer Partei verbrochen hat“. „Der Europäer“ kam zu einem ähnlichen Schluss: Für ihn habe immer „FPÖ trotz Strache“ gegolten. „Leider entledigt er sich seiner Fundamente.“

>> Ist Mölzers Rückzug die richtige Entscheidung?

Was mit diesen „Fundamenten“ gemeint ist, darüber lässt sich nur spekulieren: Dass der Unterbau der FPÖ deutschnationaler bis rechtsextremer Prägung ist? Dass Strache seine Vergangenheit im Wehrsportübungsmilieu vergessen hat, wenn nicht gar leugnet? Oder beides? Tatsache ist, dass der FPÖ-Chef seit einigen Jahren einen Prozess durchläuft, den man als Haiderisierung umschreiben könnte. Wie sein einstiges Idol Jörg Haider, den er später bekämpft und nach dessen Tod doch wieder verteidigt hat, versucht sich auch Strache vom rechten Flügel seiner Partei zu emanzipieren, um die FPÖ (wieder) als Koalitionspartner ins Spiel zu bringen.

Rosenkranz war die Erste

Ob diese Wandlung auch mit einer veränderten Weltsicht einhergeht, ist schwer zu beurteilen. Jedenfalls hat Strache in der vergangenen Periode an jenen ein Exempel statuiert, die zu weit nach rechts ausgeschert sind und die Strategie der Parteiführung konterkariert haben.

Barbara Rosenkranz war die Erste. Der Parteichef ließ sie fallen, als sie im Präsidentschaftswahlkampf 2010 Zweifel an der Existenz von Gaskammern hatte erkennen lassen. Der Tiroler Werner Königshofer wurde 2011 aus der FPÖ ausgeschlossen, weil er eine Neonazi-Homepage mit Informationen versorgt und den Breivik-Terror in Norwegen in Relation zu islamistischen Verbrechen gestellt hatte.

Im selben Jahr versäumte Strache erstmals das Totengedenken auf dem Heldenplatz, das der Korporationsring traditionell am 8. Mai, dem Jahrestag der Kapitulation Hitlerdeutschlands, veranstaltet. Der Parteichef hätte kurzfristig verreisen müssen, hieß es. Doch das glaubten ihm die Burschenschafter nicht.

Einer ihrer höchsten und exponiertesten Vertreter, Martin Graf, durfte nur deshalb bis ans Ende der Periode im Amt bleiben, weil sich Strache nicht blamieren wollte. Immerhin war er es gewesen, der Graf als Dritten Präsidenten vorgeschlagen hatte. Vor der Nationalratswahl machte der Parteiobmann Graf jedoch klar, dass im nächsten FPÖ-Klub kein Platz mehr für ihn sei.

Parallelen zur Haider-Zeit

Zu den „Opfern“ einer gemäßigten FPÖ zählt – nach Lesart des nationalen Parteiflügels – nun auch Andreas Mölzer. Den Ausspruch „Negerkonglomerat“ verzieh ihm Strache noch. Die Häme gegenüber dem Fußballer David Alaba („pechrabenschwarz“) war dann aber zu viel. Die FPÖ-Gremien wählten am Mittwoch Harald Vilimsky zum neuen Spitzenkandidaten. Mölzer zieht sich, auf Straches Drängen hin, ganz zurück. Er sei ab sofort nur noch „Privatmann und kein Politiker“, sagte er der „Kleinen Zeitung“.

Die Folgen dieses unfreiwilligen Rückzugs sind noch nicht absehbar. Parallelen zur Haider-Zeit lassen sich zumindest nicht leugnen. Dessen Entfremdung von den Burschenschaftern führte im Jahr 2005 zur Parteispaltung: Auch damals stand Mölzer im Mittelpunkt. Haider wollte ihn aus der FPÖ ausschließen. Als dieser Versuch scheiterte, gründete er das BZÖ. Wenige Tage später gab dann Mölzer den Parteiausschluss Haiders bekannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)


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