"Bundesheer überlebt nächste Jahre nicht"

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Das Verteidigungsressort muss nächstes Jahr 38 Millionen Euro einsparen. Minister Klug plant eine große Reform. Doch die parlamentarische Beschwerdekommission schlägt Alarm.

Wien. Für die Spitze des Heeres hatte es wohl Déjà-vu-Charakter: Gestern, Donnerstag, lud Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ)zu einer Kommandantenbesprechung nach Graz. Das Thema war nicht erfreulich: Es ging um die Einsparungen beim Heer.

Nachdem er bereits Ende Februar seinen Mitarbeitern mitteilen musste, dass das Ressort 42,5 Millionen Euro im Jahr 2014 einsparen muss, war dieses Mal das Jahr 2015 Thema: Nächstes Jahr werden die sogenannten Ermessensausgaben (also jener Teil des Budgets, der gesetzlich noch nicht fix verplant ist) um 38 Millionen Euro gekürzt. Insgesamt stehen dem Heer 2015 also 1,843 Milliarden Euro zur Verfügung.

„In seiner gesamten Breite ist das Heer mit diesem Budget nicht finanzierbar“, meint Klug zur „Presse“. An einer Neuausrichtung führe „kein Weg vorbei“. Der Generalstab soll daher bis Mitte des Jahres eine umfassende Heeresreform erarbeiten. Auslandseinsätze, Wehrpflichtreform und Katastrophenschutz sollen mehr oder weniger unangetastet bleiben. Jede andere Funktion bzw. Aufgabe des Heeres könnte aber gestrichen werden.

„Lassen Sie sich überraschen!“

„Ich will das Heer betriebswirtschaftlich ausrichten“, fügt Klug hinzu. Was dies genau bedeutet, lässt er aber offen. Nur so viel: Man sei auf der Suche nach „innovativen Einnahmequellen. Lassen Sie sich überraschen!“ Details würden in einigen Monaten folgen. „Ich bin optimistisch, dass in Kombination mit den richtigen Maßnahmen das Heer neu aufgestellt werden kann.“

Klug verweist auch auf einen „politischen Verhandlungserfolg“: Es ist üblich, dass das Finanzministerium dem Ressort vorgibt, wie viele Millionen es einnehmen muss (durch Verkäufe von Liegenschaften oder Mieteinnahmen). Diese Summe wird auch im Budget miteingeplant. Schafft es das Heer nicht, das Geld zu beschaffen, schrumpft das reelle Budget automatisch. Im Jahr 2015 hätten es (wie auch 2014) 50 Millionen sein sollen. Nach Verhandlungen wurden daraus 31 Millionen Euro.

Wesentlich kritischer als Klug sieht die Bundesheer-Beschwerdekommission die Zukunft des Militärs. Sie fürchtet, dass das Heer „die nächsten Jahre nicht überlebt“, so der stellvertretende Vorsitzende Anton Gaal. Es sei nicht, wie von Klug formuliert, der Boden des Fasses erreicht – dieser sei bereits durchschlagen.

Unzumutbare Verhältnisse

Fehlende finanzielle Mittel würden dazu führen, dass Grundwehrdiener unter unzumutbaren Verhältnissen dienen müssten. Unzumutbare Sanitäranlagen, zu wenige und veraltete Fahrzeuge seien Alltag. Auch die Reform der Grundausbildung hält die Kommission für eine Illusion: 30 Millionen Euro seien dafür viel zu wenig. Die angekündigten Verbesserungen würden in der Praxis nicht umgesetzt.

So gebe es keine Spur von Trainingseinheiten mit Spitzensportlern. Auch die angekündigten Schießübungen hätten ein lächerliches Ausmaß: Übungen mit dem Maschinengewehr seien mit 48Schuss limitiert.

Ohne wesentliche finanzielle Verbesserung könne das Bundesheer so nicht weiter bestehen, befürchtet Vorsitzender Walter Seledec. Und er fürchtet, dass die von Minister Klug angekündigten Reformen dazu führen würden, dass nur noch die Auslandseinsätze und der Katastrophendienst im Inland übrig bleiben. Einen Vorschlag zur Verbesserung hat die Kommission: Man möge einsehen, dass die Eurofighter eine teure Fehlinvestition waren und das System hinterfragen.

Positive Nachrichten hat die Kommission dagegen in ihrem eigentlichen Kernbereich, den Beschwerden: Da habe es in den vergangenen Jahren eine entscheidende Verbesserung in Bezug auf Menschenführung gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2014)

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