Schillerplatz-Prozess: Freisprüche, aber Bangen geht weiter

PROZESS 'CAUSA SCHILLERPLATZ': HUBER
PROZESS 'CAUSA SCHILLERPLATZ': HUBERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Untreue-Vorwurf: Ex-ÖBB-Chef Martin Huber, seine Frau, Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt und Ex-Telekom-Finanzvorstand Stefano Colombo sind – im Zweifel – schuldlos.

Wien. Große Strafprozesse entwickeln ihre eigene Psychologie. Wer diese zuletzt im Schillerplatz-Prozess ergründete, war nicht überrascht - über die Freisprüche für den früheren ÖBB-Chef Martin Huber (54), seine Frau (53), den früheren Chef der Telekom Austria (TA) Heinz Sundt (66) und den früheren TA-Finanzvorstand Stefano Colombo (53). Immer drängender musste man sich fragen, ob die Anklage halten würde. Richterin Claudia Moravec-Loidolt schien schon seit einiger Zeit zu zweifeln. Freitagabend wurde dies bestätigt.

Man könne nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit sagen, dass die Herren Sundt und Colombo (laut Anklage die unmittelbaren Täter, das Ehepaar Huber war „nur" der Beihilfe angeklagt) wissentlich ihre Befugnisse innerhalb der Telekom missbraucht hätten. Und dass sie mit Schädigungsvorsatz gehandelt hätten. Zudem hätten gleich zwei wichtige Zeugen wegen dauerhafter Erkrankungen gefehlt. Daher die Freisprüche. Im Zweifel.
Die Sache selbst ist schnell erzählt. Ins Rollen gekommen war sie 2002. Die TA stöhnte damals wegen des schlechten Geschäftsgangs im Bereich Festnetz. Man entschloss sich, Immobilien zu Geld zu machen. Etwa die oberen Etagen eines herrschaftlichen Palais mit der noblen Wiener City-Adresse Schillerplatz 4. Ende 2006 stand eine Käuferin fest, eine Projektentwicklungsgesellschaft unter der Ägide des damaligen ÖBB-Chefs Huber. Er hielt über einen Treuhänder 75 Prozent an der Gesellschaft, seine Frau 25. Um 5,4 Millionen Euro wechselte das elegante Objekt die Besitzer. Das waren laut Anklage mindestens 4,4 Millionen zu wenig.

Damit ist man schon mitten drinnen im Verfahren, das sich zwanglos in die endlos scheinende Serie sogenannter Telekom-Prozesse eingliedert. Solche liefen bereits wegen illegaler Parteienfinanzierung. Oder wegen der Affäre um die mutmaßliche Manipulation des Kurses der Telekomaktie. Sundt ist übrigens in genau dieser Affäre rechtskräftig freigesprochen worden. Colombo hingegen kassierte eben deshalb dreieinhalb Jahre Haft, nicht rechtskräftig.

„Mies ausgepackelter" Deal

Aktuell lauteten die Vorwürfe von Staatsanwalt Michael Radasztics: Da der wahre Preis der Liegenschaft am Schillerplatz, also der Verkehrswert, laut Gerichtsgutachten 9,8 Millionen Euro betrug, hätten Sundt und Colombo Untreue begangen. Sie hätten die Telekomaktionäre geschädigt. Der Staatsanwalt wetterte, der Deal sei „mies ausgepackelt" gewesen. Aber natürlich fragen sich alle, die die schnell erzählte Sache nun so weit kennen: Wurde wirklich zu billig verkauft und wenn ja warum? Dass Huber tatsächlich ein gutes Geschäft gemacht hat, zeigt sich ja auch daran, dass er das von ihm entwickelte Objekt knapp ein Jahr später um fast elf Millionen Euro an die Baufirma Seeste Bau AG weiterverkaufte. Warum also ein laut Anklage viel zu geringer Verkaufspreis? Wo war das Motiv? Hier bot die Anklage eher wenig.

Er könne nicht sagen, ob Kickbackzahlungen im Spiel gewesen seien, erklärte der Staatsanwalt. Er stelle nur fest, dass es auch ein Geldwäschereiverfahren gegen Colombo gebe, weil dieser zwischen 2005 und 2007 Bargeld, 1,18 Millionen Euro, auf ein Bankkonto einzahlte. Auf die Frage nach dem Geldsegen sagte Colombo zuletzt nur: „Ich bin dabei, das dem Finanzamt zu erklären."
Unterm Strich ließen sich die Untreue-Vorwürfe jedenfalls nicht beweisen. War's das? Mitnichten. Der Ankläger, der bis zuletzt alles versucht hatte, gibt sich nicht geschlagen. Er meldete Nichtigkeitsbeschwerde an. Damit müssen Huber und Co. weiter bangen - und auf die zweite Instanz warten.

Huber unter Betrugsverdacht

Zudem wird sich Huber noch mit einem Überraschungscoup des Staatsanwaltes auseinandersetzen müssen: nämlich mit einer Ausweitung der Anklage in Richtung schweren Betrugs. Einen solchen soll Huber begangen haben, indem er den TA-Aufsichtsrat über seine Beteiligungsverhältnisse an der Schillerplatz-Gesellschaft im Unklaren gelassen habe. Gewisse Abfertigungsansprüche Hubers seien nicht entstanden, hätte der damalige ÖBB-Boss seinem Unternehmen damals reinen Wein eingeschenkt. So sieht es zumindest der Ankläger. Huber sieht es völlig anders. Er sagt: „nicht schuldig". Das Gericht hat nun diese Materie einer weiteren Verfolgung vorbehalten.

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