Heer: Ein Zeitsoldat im Budget-Kampf

Heer: Ein Zeitsoldat im Budget-Kampf
Heer: Ein Zeitsoldat im Budget-Kampf (c) APA/BUNDESHEER (BUNDESHEER)
  • Drucken

Zunächst musste Verteidigungsminister Gerald Klug über die Reform der Wehrpflicht verhandeln. Jetzt muss er das gesamte Heer umkrempeln. Wie sich das Anforderungsprofil des 45-jährigen Steirers verändert.

Man hört die empörten Buhrufe schon von Weitem. Sieht die hölzernen Schlagstöcke. Riecht den brennenden Reifen. Eine Gruppe vermummter Demonstranten nimmt Anlauf und versucht die Wand aus Schutzschildern zu durchbrechen. Aber die Soldaten halten stand, stehen stramm Seite an Seite. Nach wenigen Minuten ist der Aufstand schon beendet. Und die Demonstranten sammeln brav den fabrizierten Müll auf.

Spätestens jetzt weiß man: Es ist alles nur Show. Im Ernstfall wären statt Wasserflaschen Steine geflogen. Und Gerald Klug hätte nicht wenige Meter entfernt seelenruhig die Szene beobachtet. Nein, an diesem Freitag führt die österreichische Infanteriekompanie dem Verteidigungsminister eine Übung vor. Schließlich ist es das erste Mal, dass Klug die heimischen Truppen hier im Kosovo besucht (siehe Artikel unten).

Der 45-jährige Steirer nickt während der Vorführung anerkennend und ist „beeindruckt und stolz auf jeden Einzelnen“, wie er wenig später verkündet. Er gratuliert den Soldaten, betrachtet das Gerät, das sie zur Verfügung haben. Und fährt im gepanzerten Fahrzeug „Pandur“ durch das Gebiet. Hier bei der Truppe im Ausland fühlt er sich merklich wohl. Hier kann das Heer zeigen, was es kann.


Die Front im Inland.
Für Klug ist das eine willkommene Abwechslung. Schließlich war in letzter Zeit nur noch Thema, was das Heer alles nicht (mehr) kann. Die wahre Front liegt für ihn im Inland. Und sein größter Feind ist das fehlende Budget.

Dabei war die Situation vor einem Jahr noch eine völlig andere: Die SPÖ holte Anfang März den damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos als Bundesgeschäftsführer in die Parteizentrale – und setzte den noch unbekannten Klug aus dem Bundesrat an die Spitze des Ressorts. Die ÖVP feierte hingegen ihren Sieg bei der Volksbefragung zur Wehrpflicht. Gemeinsam hatte man ein Ziel: die Reform des Grundwehrdienstes. Die durfte sogar auch etwas kosten.

Klug verglich sich selbst in seiner Antrittsrede in der Rossauer Kaserne mit den Präsenzdienern. Schließlich dauerte seine Amtszeit bis zur Nationalratswahl im September des Vorjahres ebenfalls nur rund sechs Monate. Und die nutzte er, um – zusammen mit der ÖVP – den „Grundwehrdienst neu“ zu erarbeiten.

Streichen, schließen, sparen.
Doch jetzt, um bei seiner Metapher zu bleiben, ist er in der zweiten Amtszeit ein Berufssoldat geworden. Damit steigt auch das Anforderungsprofil des Ministers: Bis Mitte des Jahres will er eine umfassende Reform des Heeres präsentieren. Mit einem Ziel: sparen, sparen, sparen.

Das wird einige unpopuläre Maßnahmen zur Folge haben: vom Schließen von Kasernen bis zur Streichung von Waffengattungen. Das wird nicht nur intern im Heer für Unmut sorgen. Auch in den Bundesländern wird man es nicht gerne sehen, wenn Standorte aufgelassen werden. Dafür muss man nur die Debatte rund um die Schließung von Polizeidienststellen im Auftrag von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) beobachten, gegen die in den Ländern heftig protestiert wurde.

Doch Mikl-Leitner ist Kritik längst gewohnt. Sie ist die Frau fürs Grobe, kümmert sich um unbequeme Themen wie Asyl und Zuwanderung, bei denen man rein PR-technisch gesehen nicht wirklich Pluspunkte sammelt.


Neue Rolle.
Klug wird sich an seine neue Rolle erst gewöhnen müssen. Bisher schafft er es, auf Beliebtheitsrankings immer weiter nach oben zu rücken. Vor ihm liegt in Sachen Umfragewerte nur ÖVP-Shootingstar und Außenminister Sebastian Kurz. Das schaffte Klug vor allem durch seine offene Art – und indem er mit möglichst vielen Uniformierten und Beamten seines Ressorts das Gespräch suchte.

Das könnte in Zukunft allerdings nicht mehr reichen. Schließlich will er – oder, richtiger, muss er – „sparen ohne Tabus“. Dass er sich dabei nicht beliebt machen wird, ist ihm aber bewusst.

Allgemein versuche er, seine zweite Amtszeit etwas anders zu gestalten, erzählt er. „Auf die Dauer hält kein Mensch einen 14-Stunden-Tag aus“, sagt Klug. Daher versuche er, soweit möglich, ein solches Arbeitspensum zu vermeiden. „Und ich weiß, dass es unpopulär ist, das zu sagen, aber für dieses harte Anforderungsprofil sind Minister eindeutig unterbezahlt“, meint er. „Wie andere das aushalten, weiß ich nicht.“ Er versuche aber mit viel Sport den Berufsstress abzubauen: Im Sommer durch das Laufen, im Winter auch durch das Skaten (im Schnee, nicht auf der Halfpipe).


Nicht des Geldes wegen.
Jetzt mache ihm sein Job auf jeden Fall Spaß. Politiker dürfe man schließlich nicht des Geldes wegen werden. Solange ihm die Arbeit Freude bereite – und er darum gebeten werde – könne er sich prinzipiell auch nach dieser Amtszeit vorstellen, Minister zu bleiben.

Seine politische Zukunft lässt sich Klug also offen. Keine schlechte Taktik: Zeitsoldaten gibt es schließlich auch beim Heer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

"Bundesheer überlebt nächste Jahre nicht"

Das Verteidigungsressort muss nächstes Jahr 38 Millionen Euro einsparen. Minister Klug plant eine große Reform. Doch die parlamentarische Beschwerdekommission schlägt Alarm.
Politik

Heer muss kommendes Jahr 38 Millionen einsparen

Das Budget des Verteidigungsressorts 2015 beträgt 1,981 Milliarden Euro. Bei den Einnahmen sieht Minister Klug einen Verhandlungserfolg.
Innenpolitik

Heeresbudget: Klug muss noch einmal sparen

Das Finanzministerium will dem Bundesheer nochmals Kürzungen von 40 Millionen Euro verordnen. Schon jetzt hat Klug nur einen geringen Teil seines Budgets zur freien Verfügung.
VERTEIDIGUNGSMINISTER KLUG IM KOSOVO: KLUG
Innenpolitik

15 Jahre KFOR: Mehr Soldaten in den Kosovo

Seit 1999 beteiligt sich Österreich an der Nato-geführten Mission im Krisengebiet. Derzeit sind 392 Soldaten dort stationiert. Im Sommer sollen weitere folgen – sie ersetzen die französischen Truppen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.