„Ariadne auf Naxos“ und ihr wienerischer Startvorteil

(c) Michael Poehn / Wiener Staatsoper
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Glück mit Richard Strauss im Wiener Repertoire. Wie's in Hofmannsthals Stück so schön heißt: „Es geht alles wie am Schnürchen...“

„Ariadne auf Naxos“ in der bekannten Version ist eine der wenigen bedeutenden Opern, die im Gebäude der Wiener Staatsoper ihre Uraufführung erlebt haben. Dass sich bis heute eine besondere Spieltradition für dieses wohl seltsamste Werk des Autoren-Duos Hugo von Hofmannsthal/Richard Strauss erhalten hat, versteht sich daher von selbst. Nicht, was die Szenerie betrifft, die sich seit 1916 naturgemäß verändert hat. Aber im Orchester kann man das hören.

Die Musik gehört offenbar zum genetischen Code der Wiener Oper. Was ein Dirigent daraus macht, sorgt dann jeweils für neue Hörabenteuer – in diesem Kalenderjahr dirigieren noch Welser-Möst und Thielemann das Werk im Haus am Ring! Die laufende Serie steht unter der Führung Michael Boders. Wobei Führung zu drastisch klingt. Boder will offenkundig eher nur sachdienliche Hinweise geben, um Freiraum für Sänger und Musiker zu schaffen.

Dass mit Rainer Küchl ein Mann am Konzertmeisterpult sitzt, der „Ariadne“ noch mit Karl Böhm einstudiert hat, der wiederum – auch in Wien – bereits unter des Komponisten Augen am Pult waltete, das garantiert Sicherheit auch dann, wenn gerade einmal ein Musiker, der das Stück noch nicht so gut kennt, auszuscheren droht. Dann spielt Küchl halt ein paar Noten mehr und deutlicher als für die Solovioline vorgesehen...

Im Übrigen aber herrscht an diesem Abend eitel Strauss-Wonne, denn die Besetzung ist luxuriös. Nebenbei bemerkt, findet in Wien gerade ein Helden-Gipfeltreffen statt: Nebst dem neuen Lohengrin, Klaus Florian Vogt, gibt Johan Botha dessen „Vater Parsifal“ (worüber zu berichten sein wird).

Naiver Halbgott beim Helden-„Gipfel“

Stephen Gould gerät hier als naiver, stimmlich aber wirklich heroischer Halbgott in die Fänge einer Circe, die keine sein will: Meagan Miller hält bei ihrem Debüt als Ariadne mit philharmonischen Kantilenen mühelos bis in höchste Höhen mit: Der Sopran fließt makellos, leuchtkräftig in allen Registern.

Iride Martinez ist dagegen eine wirklich federleichtgewichtige Zerbinetta, der auch die zugespitztesten Koloraturgirlanden nichts anhaben können. Umtanzt wird sie von einem perfekt harmonierenden Kasperlquartett, das James Kryshak mit lichtem, beweglichem Tenor anführt, während Adam Plachetka als Harlekin auch noch einschmeichelnd männliche Töne für sein Ständchen parat hat.

Gut die Dryaden, sensationell im Vorspiel der soignierte Haushofmeister von Peter Matic, dessen Pointen so perfekt sitzen wie die Choreografie der Commedia-dell'Arte-Szenen. Es geht alles wie am Schnürchen, singt der Tanzmeister – bis auf einen zögerlichen Ton exzellent: Thomas Ebenstein. Clemens Unterreiner ist erstmals der Musiklehrer, höchst präsent, mehr wäre schon Übertreibung, vor allem im Dialog mit dem subtil bis in die kleinste Regung gestalteten Komponisten von Sophie Koch. Das ist großes Musiktheater.

Ließe Maestro Boder, dessen Taktik vor allem in den komödiantischen Szenen beschwingt aufgeht, die lyrischen Passagen noch freier aussingen, der Abend hätte insgesamt Vorzeigeformat. (sin)

„Ariadne auf Naxos“: 19. und 22.April.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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