Die Erweiterung war nicht das Problem

Zehn Jahre danach muss die Reformfähigkeit der neuen Mitgliedstaaten gewürdigt werden.

Die EU ist nicht durch die Erweiterung vor zehn Jahren in eine Krise geraten. Unsere Nachbarn überfluteten nicht unseren Arbeitsmarkt, kamen nicht mit Brechstangen, um in Horden Wohnungen und Autos aufzubrechen, wie es rechte Politiker befürchteten. Sie zerstörten auch nicht unser Sozialsystem, wie es ihre linken Kollegen ankündigten. Auch wenn die spätere Erweiterung (2007) um Rumänien und Bulgarien heikel war: Europa ist auf relativ unproblematische Weise neu zusammengewachsen.

Zehn Jahre nach der großen Erweiterung muss allen damaligen Vorbehalten zum Trotz den neuen Mitgliedstaaten Blumen gestreut werden. Sie haben große Reformen auf den Weg gebracht, sich von abgewirtschafteten, undemokratischen Ostblockländern zu großteils stabilen Staaten entwickelt, von denen heute schon einige besser dastehen als manche westeuropäischen Partnerländer. Anders als die ehemalige DDR ist ihre Annäherung nicht durch gewaltige Transferzahlungen geglückt. Sie haben es selbst in die Hand genommen, eine eigene, moderne Wirtschaft im EU-Binnenmarkt aufzubauen.

Die Finanz- und Schuldenkrise zeigt, dass nicht diese Länder für die Probleme der heutigen EU verantwortlich sind. Es sind „alte“ Mitgliedstaaten. Die Kluft zwischen West und Ost wurde großteils aufgelöst. Es ist aber eine neue zwischen Norden und Süden entstanden.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2014)

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