ÖVP-Wahlauftakt: Profi Karas gegen viele (EU-)Gegner und ein Handicap

EU-WAHL: PERSONENKOMITEE ´WIR F�R KARAS´: KARAS
EU-WAHL: PERSONENKOMITEE ´WIR F�R KARAS´: KARAS(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die ÖVP und ihr EU-Spitzenkandidat kämpfen betont positiv an mehreren Fronten: gegen Neos-Konkurrenz, gegen einen Denkzettel für die Regierung und das Einschlafen der Bürger.

Linz. Die Aufwärmrunde bestritten zwei „Nachbarn“ von ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas im EU-Parlament: der oberösterreichische Lokalmatador Paul Rübig und die Zweite auf der ÖVP-Liste, Elisabeth Köstinger. Beide passen ganz in die Linie der Volkspartei für den Wahlkampf für die EU-Wahl am 25. Mai, die auch Vizekanzler und Parteiobmann Michael Spindelegger verfolgt. Die ÖVP habe angeführt von Karas eine „Profitruppe am Werk in Brüssel“. Eine Spitze direkt gegen den SPÖ-Listenführer Eugen Freund, der bei der SPÖ als Quereinsteiger auf den Zug nach Brüssel aufgesprungen ist. Rund tausend Gäste bildeten am frühen Freitagabend den Rahmen zum Wahlauftakt der ÖVP im Linzer Design Center.

Karas selbst setzt wie die Europapartei ÖVP ganz bewusst auf ein positives Bild der EU. Schon allein damit grenzt sich der ÖVP-Spitzenkandidat und langjährige EU-Mandatar von der stark EU-kritisch bis -gegnerisch eingestellten Konkurrenz ab. Das gilt in Richtung FPÖ ebenso wie gegenüber Minilisten, die vom Frust der Österreicher über die Europäische Union profitieren wollen. Bleibt die Frage, ob es reicht, wenn Karas als eine Art Vertreter des von anderen harsch kritisierten Establishments in Brüssel, wie zum Wahlauftakt in Linz damit wirbt, was die EU Österreich gebracht hat.

Stiller, gefährlicher Konkurrent

Karas, Spindelegger und die ÖVP legen sich bei dieser EU-Wahl nicht nur mit dem Nichtpolitprofi Freund auf SPÖ-Seite an, sondern mit einem viel gefährlicheren Gegner: Jene Österreicher, die am 25.Mai zur Wahl gehen, könnten diese nützen, um der wenig beliebten rot-schwarzen Bundesregierung in Wien einen Denkzettel zu verpassen. Die FPÖ ruft sogar offen dazu auf, die Europawahl zum Denkzettel für Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Spindelegger umzufunktionieren. Nach den aktuellen Umfragen dürfen sich ÖVP und SPÖ dennoch berechtigte Hoffnungen machen, die Freiheitlichen auf Platz drei verweisen zu können.

In Linz bekräftigte ÖVP-Chef Spindelegger das klare Bekenntnis seiner Partei zu Europa, auch wenn es in der Bevölkerung latenten Unmut über „die Bürokraten in Brüssel“ gibt. Immerhin räumte er gegenüber gemäßigten Kritikern ein, es gebe in der EU auch Dinge, die man sich nicht gefallen lassen müsse. Deftiger formulierte es ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel bei seiner Begrüßung, ehe Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer als Hausherr in Linz an der Reihe war. „Entlarvt die Blender, die Gespenstergeschichtenerzähler“, appellierte Blümel in einem Aufruf an die eigenen Funktionäre.

Der Mann für das Unspektakuläre

Dazu kommt die politische Konkurrenz speziell durch die bei der Nationalratswahl 2013 raketenartig gestarteten Neos. Diese dürfen sich nach Umfragen sogar Chancen ausrechnen, die Grünen am 25.Mai zu überflügeln. Die dafür notwendigen Stimmen könnten Karas und der ÖVP im Wettlauf um Platz eins abgehen.

Der Spitzenkandidat ist bisweilen sogar sein eigener Feind. Denn die betont sachliche, ruhige Art von Karas ist nicht unbedingt dazu geeignet, vor einer Wahl, bei der mindestens die Hälfte der Bürger überlegt, gar nicht abstimmen zu gehen, und EU-Müdigkeit vorherrscht, Wähler außerhalb der tiefschwarzen Kernklientel zu mobilisieren. Karas begegnet diesem Handicap allerdings wie in Linz nicht mit erst recht bemüht wirkender Unverkrampftheit. Er wirft vielmehr Erfahrung, Wissen um die Vorgänge in Brüssel und Kompetenz in die Waagschale. „Sachlich bis zur Sprödigkeit“, wurde das von seinem Prominentenkomitee zum Wochenbeginn als Tugend gelobt. Damit hat Karas bei der EU-Wahl 2009 schon einmal deutlich mehr als 100.000 Vorzugsstimmen gehamstert. Auch wenn das heimliche Wahlmotto „Bonjour fadesse“ lauten könnte. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2014)

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