Gleich drei Mal besuchte der Papst aus Polen Österreich – zuletzt vor fast genau 16 Jahren.
Der Konvoi biegt relativ zügig auf den Wiener Heldenplatz. Wenige haben dem Mann in Weiß auf der Fahrt über die Ringstraße hierher zugewinkt oder gar zugejubelt. 50.000 erwarten auf dem Heldenplatz bei warmem, sonnigem Wetter den Hauptzelebranten einer Festmesse, drei Seligsprechungen inklusive. Nur 50.000.
Wir schreiben den 21. Juni 1998. Johannes Paul II. bewegt sich sehr langsam auf der riesigen Bühne, Alter und Krankheit sind nicht zu übersehen. Genauso wenig wie die erkaltete Liebe vieler Österreicher zum Pontifex. 15 Jahre früher, genau am 11.September 1983, hatten noch 350.000 mit dem weltweit umjubelten Johannes Paul II. Messe gefeiert. Und das trotz strömenden Regens (und natürlich ORF-Direktübertragung).
Kontakte zu Kardinal König
Es gibt wenige Länder, die Johannes Paul II. öfter besucht hat. Gleich drei Mal war er in Österreich. Johannes Paul II. hatte wie kein Papst vor ihm einen tiefen Bezug zu Österreich. Er schätzte dieses Land mit seiner katholisch geprägten Vergangenheit. Nicht ganz unwichtig: Sein Vater hat als Galizier während des Ersten Weltkrieges in der Armee des Kaisers gekämpft.
Als Bischof in einem von den Kommunisten hinter dem Eisernen Vorhang mit harter Hand regierten Land lernte Karol Wojtyła beim Zweiten Vatikanischen Konzil Kardinal Franz König schätzen. Oft machte der Krakauer Erzbischof später bei Reisen nach oder von Rom Station in Wien beim großen Brückenbauer zur unterdrückten Kirche im Ostblock.
1983 dann wurde in Wien ein einziges großes Fest mit Joannes Paul gefeiert. Der Besuch war eingebettet in einen Katholikentag – schon damals gab es Kritik am Personenkult. 1988, beim zweiten Besuch, war Kardinal König nicht mehr der Gastgeber.
Groër als Wendepunkt
Ein anderer Mann wartete auf dem Flugfeld in Schwechat. Ein Benediktiner, dessen Berufung zum Erzbischof durch Johannes Paul II. untrennbar mit der größten Krise der katholischen Kirche in der Zweiten Republik verbunden ist – und auch einem deutlichen Imagewandel des Papstes: Hans Hermann Groër. Kirchenintern wurde die Kritik am vom Vatikan herbeigeführten Kurs immer lauter. 1998, beim letzten Besuch des Papstes, musste Groër auf Geheiß Roms sogar kurzzeitig in ein Nonnenkloster nach Deutschland, um Johannes Paul eine Begegnung mit ihm zu ersparen. Die Missbrauchsvorwürfe waren zu laut geworden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2014)