Auf heikler Mission: Kurz im Iran gelandet

AM KURZ IM IRAN: ANKUNFT AM FLUGHAFEN TEHERAN
AM KURZ IM IRAN: ANKUNFT AM FLUGHAFEN TEHERANAPA/DRAGAN TATIC
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Israel ist über den Besuch des VP-Außenministers in Teheran "nicht glücklich". Kurz soll unter anderem Irans Präsidenten Rohani treffen.

Außenminister Sebastian Kurz ist am Samstag zu einem Besuch im Iran eingetroffen. Der ÖVP-Jungpolitiker wird bei seinem bis Montag terminisierten Aufenthalt in Teheran seinen Amtskollegen Mohammad Javad Zarif und andere hochrangige iranische Politiker treffen. Ansprechen will er in der Islamischen Republik vor allem die Menschenrechte, Israels Sicherheitsbedürfnis und den Atomstreit.

Die Reise, die offiziell vor allem dazu dient, einen bevorstehenden Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer vorzubereiten, ist durchaus heikel. Besonders die Regierung in Jerusalem ist über den Besuch nicht erfreut, da sie den Iran als größte Gefahr für Israel sieht. Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman hatte sich am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kurz in Jerusalem "nicht glücklich" über den bevorstehenden Besuch seines österreichischen Amtskollegen im Iran gezeigt. Der Iran sei auch nach dem Amtsantritt des als gemäßigt geltenden Präsidenten Hassan Rohani der selbe geblieben, sagte Lieberman.

Die Palette an israelischen Kritikpunkten ist groß: Der Oberste Führer Ali Khamenei hetze weiter gegen Israel und leugne den Holocaust und die Menschenrechte würden missachtet. Teheran exportiere Terror und sei in den syrischen Bürgerkrieg verwickelt. Außerdem seien unter Rohani bereits Hunderte Menschen hingerichtet worden. Der iranische Exil-Opposition NWRI kritisierte im Vorfeld der Reise, Rohani habe die Hinrichtungen unter anderem als "Gesetze des Parlaments, das dem Volk gehört" gerechtfertigt.

Mit Rohani ist laut Diplomatenkreisen ebenso ein Treffen geplant wie mit den Ex-Präsidenten Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani und Mohammad Khatami. Rafsanjani ist Chef des mächtigen Schlichtungsrates und politischer Ziehvater Rohanis. Khatami galt in seiner Amtszeit von 1997 bis 2005 als Reformer, wurde aber durch die mächtigen Hardliner gehindert, seine Vorhaben umzusetzen. Ob die vorgesehenen Treffen wirklich zustande kommen, war vorerst jedoch noch ungewiss. Vor der Reise hatte Kurz mehrfach betont, dass die Atomfrage und die Menschenrechte für Österreich Priorität vor Wirtschaftsfragen hätten.

Der Iran hat traditionell sehr gute Beziehungen zu Österreich, die Alpenrepublik wird auch als Brücke zu Europa gesehen. Als einziges EU-Land hat Österreich in den vergangenen Jahren sehr regelmäßig iranische Chefdiplomaten empfangen. Fischer meinte im Herbst gegenüber der APA, dass das Vertrauen in den Iran seit der Wahl Rohanis gewachsen sei. Deswegen "müsse und solle man dem Iran zuhören".

Dennoch gab es Anfang März einige Verstimmungen, die mit dem Besuch des österreichischen Außenministers nun "glattgebügelt" werden sollen. Damals kritisierte das iranische Außenministerium EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wegen Gesprächen mit Menschenrechtsaktivistinnen in der österreichischen Botschaft während ihrer Iran-Reise. Ashton selbst rechtfertige sich damals und meinte, sie habe sich anlässlich des Weltfrauentages mit iranischen Frauen getroffen. Laut der Nachrichtenagentur Fars sprach sie mit Dissidentinnen, die 2009 in die Demonstrationen gegen das Regime verwickelt waren, darunter die Frauenaktivistin Narges Mohammadi.

Während Wien und Teheran auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene näher zusammenrücken, forderte das irankritische Bündnis "Stop the Bomb" eine Absage der geplanten Iran-Reisen von Kurz und Fischer. Der Sprecher des Bündnisses, Stefan Schaden: "Ob Kurz das will oder nicht: Solch ein Besuch legitimiert das Regime und verschafft ihm einen Propagandaerfolg. Mit einem Regime, dessen Führer den Holocaust leugnet und Israel mit der Vernichtung droht, darf es keine normalen diplomatischen Beziehungen geben. Durch wohlfeile Rhetorik wird sich das Regime nicht von seinem Atomwaffenprogramm, der brutalen Verfolgung von Oppositionellen, der Drangsalierung von Frauen und der Ermordung von Homosexuellen abhalten lassen."

Wien war in den vergangenen Wochen auch Tagungsort der Atomgespräche zwischen den fünf UN-Vetomächten USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland und dem Iran. Dieser hatte sich im November in einem Zwischenabkommen auf eine Lockerung der Sanktionen geeinigt und im Gegenzug eine Einschränkung seines Atomprogramms zugesagt. Ziel dieses Deals ist eine umfassende Einigung bis zum 20. Juli.

Sie soll sicherstellen, dass der Iran keine Atomwaffen baut. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) erklärte zuletzt, die Islamische Republik setze die vereinbarten Maßnahmen bisher wie geplant um. Teheran steht seit Jahren im Verdacht, nach Atomwaffen zu streben. Die iranische Führung bestreitet dies. Ayatollah Seyed Ali Khamenei, der in allen Belangen das letzte Wort hat, unterstrich am Freitag gegenüber iranischen Medien, dass sein Land eine baldige Einigung im Atomstreit anstrebe. Allerdings gebe es "gewisse Rote Linien", die bei solch einem Deal nicht überschritten werden dürften.

(APA)

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