Luxuspensionen: Stopp EU-widrig?

Arbeitsministerium: Rentengarantie bleibt
Arbeitsministerium: Rentengarantie bleibt(c) APA/dpa (Oliver Berg)
  • Drucken

Die Begutachtungfrist ist noch nicht einmal abgelaufen, schon häufen sich juristische Einwände. Die geplanten Extrabeiträge könnten EU-widrig sein - und das Budget des Bundes sogar belasten.

Wien. Hypo-Desaster, explodierendes Defizit, drohende EU-Rüge, Sparkurs – und jetzt auch noch neue Schwierigkeiten mit den geplanten Grenzen für die Sonderpensionen: Die Koalition von SPÖ und ÖVP durchlebt derzeit eine besonders turbulente Zeit.

Eben erst hat der Sozialexperte Bernd Marin beklagt, dass der Gesetzesentwurf Sozialminister Rudolf Hundstorfers (SPÖ) trotz verankerter Einhebung von Sonderpensionsbeiträgen im öffentlichen und staatsnahen Sektor (darunter Notenbank, Kammern, Sozialversicherung, ORF) zu wenig weitreichend sei. Über 2040 hinaus würden teure Parallelwelten bei den Pensionssystemen zugelassen bleiben. Jetzt werden aber juristische Gegenargumente in Stellung gebracht, die das Vorhaben scheitern lassen könnten.

Betroffene in der Wirtschaftskammer setzen sich vehement zur Wehr. Kernpunkte der Stellungnahme gegen das Vorhaben, die der „Presse“ vorliegen: Bei den Eingriffen in Zusatzpensionen erfolge die Abgrenzung des Personenkreises nach „unsachlichen Kriterien“, sei daher gleichheits- und verfassungswidrig. Die Kürzung der Leistungen fließe dem ehemaligen Dienstgeber, in diesem Fall der Kammer zu, während der Bund sogar Einnahmenverluste hinnehmen müsse. Staatsnahe Unternehmen würden möglicherweise europarechtswidrige Beihilfen erhalten.

Der Entwurf zum Sonderpensionenbegrenzungsgesetz sieht unter anderem gestaffelte Extrabeiträge von fünf bis 25 Prozent bei Zusatzpensionen über 4350 Euro im Monat vor. Die Regierung reagiert damit auf das Unverständnis in der Bevölkerung, dass in der Nationalbank monatliche Luxuspensionen von mehr als 30.000 Euro möglich sind. Betroffen sind ungefähr 9600 Personen. Im Zug der Begutachungsphase, die noch bis 6.Mai dauert, wird deutlich, auf welch heikles Terrain sich die Regierung begibt. Das zeigt die Stellungnahme, die sich unter anderem auf die Expertise des renommierten Wirtschaftsrechtlers Hanspeter Hanreich stützt, in mehreren Punkten exemplarisch.

Weniger Einnahmen für den Bund. Die Regierung gibt als Ziel an, die Begrenzung sei eine Maßnahme zur nachhaltigen Sicherung des Pensionssystems. Als Nettofinanzierungsbeitrag werden sieben Millionen Euro genannt. Kritiker halten dem entgegen, dass sich die Neuregelung für das Bundesbudget nachteilig auswirken würde. Denn es würden „durch die geplante Reduktion der Pensionen von Angestellten der Kammern und der erfassten Unternehmen beim Bund Einnahmensverluste bei der Lohn- und Einkommensteuer auftreten“. Und weiter: „Die einzigen Gewinner wären die Kammern und die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegenden Unternehmen.“


Unzulässige Beihilfe? Als weiteres gravierendes Problem wird die Abgrenzung der betroffenen Unternehmen und damit der Bezieher hoher Zusatzpensionen betrachtet. Denn es sollen nur für jene Sektoren und Unternehmen, die vom Rechnungshof geprüft werden, eigene Pensionssicherungsbeiträge durch das Gesetz fällig werden. „Der Gewinn aus solchen Privilegien soll im jeweiligen Unternehmen bleiben“, heißt es in der Stellungnahme, damit handle es sich bei der Maßnahme „eindeutig um eine Beihilfe“. Es sei jedenfalls zu prüfen, ob eine solche Beihilfe nach EU-Recht zulässig sei.


Zweifelhafte Abgrenzung. Die Beschränkung auf Zusatzpensionen in Bereichen, die vom Rechnungshof kontrolliert werden, sei ein „unsachliches Kriterium“. Das sei gleichheits- und damit verfassungswidrig.


Enteignung. Der Umstand, dass die Erlöse dem früheren Dienstgeber zufließen sollen, wird aus einem weiteren Grund als massiver Kritikpunkt angesehen. Damit werde die Gruppe von Beziehern einer Betriebspension „durch eine unmittelbare Vermögensverschiebung von den Betroffenen zu deren ehemaligen Arbeitgebern enteignet“.


Keine Rechtsmittel. Betroffenen stünden keine Rechtsmittel gegen die geplante Kürzung der Zusatzpensionen zu. Im Extremfall sei damit nicht einmal ein Verfahren möglich, wenn es zu einer unrichtigen Bemessung des Sonderpensionsbeitrages kommt.


Vorwurf der Menschenrechtsverletzung. Ein anderer Kritikpunkt richtet sich darauf, dass die Eingriffe mittels Verfassungsbestimmung einzementiert werden sollen. Damit könnten von Betroffenen befürchtete Grundrechtsverletzungen bei österreichischen Gerichten „schwer oder gar nicht“ angefochten werden. Damit werde die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt.

Die Regierung ist in einer schwierigen Situation: Sie hat nicht nur Begrenzungen von Luxuspensionen bereits im Zuge der Regierungsverhandlungen angekündigt, es herrscht auch breiter Unmut in der Bevölkerung über die Höhe der Zusatzpensionen von Altpolitikern über Exmitarbeiter der Nationalbank bis hin zu den Kammern. Gleichzeitig wurden beispielsweise zu Jahresbeginn weitere Verschärfungen in der gesetzlichen Pensionsversicherung (Hacklerfrühpension, Invaliditätspension) eingeführt.

Weitere Infos:www.diepresse.com/luxuspensionen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bernd Marin
Innenpolitik

Luxuspension: Experte beklagt „Parallelwelten“

Bis zu 120 Millionen beträgt das Pensionssparpotenzial. Die Initiative sei gut, komme jedoch viel zu spät, beurteilte Bernd Marin.
Symbolbild: Portemonnaie mit Münzen
Politik

Luxuspension: Pink-grüner Brief an Landeshauptleute

Neos und die Grünen pochen in einem Offenen Brief darauf, dass die Bundesländer, die neuen Regelungen für Sonderpensionen umsetzen.
Symbolbild: Portemonnaie mit Münzen
Politik

Luxuspension: Grüne und Neos schließen "Pakt" gegen Länder

Die beiden Parteien wollen die Bundesländer zu einer Begrenzung von Sonderpensionen verpflichten.
Österreich

OeNB: Pensionisten erhalten mehr als aktive Mitarbeiter

Mit einer Reform könnte die Nationalbank 278 Mio. Euro einsparen. Die OeNB betonte in einer Stellungnahme, dass man bereits mit Reformen auf die Kritik reagiert habe.
PK ´PENSIONSKONTO´: HUNDSTORFER
Innenpolitik

Luxuspension: Notenbank wehrt sich

Sozialminister Hundstorfer rechnet mit Klagen gegen Limit bei Sonderpensionen. Auch Beamte im Bundesdienst sind betroffen. Nationalbank bekämpft bereits bisherige Abzüge.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.