Leute, die sagen, was sie gerade machen

(c) FABRY Clemens
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Self Guidance Books sind Bücher, in denen – vornehmlich prominente – Menschen anhand ihres eigenen Lebens erklären, wie man besser leben kann.

Self Guidance Books sind Bücher, in denen – vornehmlich prominente – Menschen anhand ihres eigenen Lebens erklären, wie man besser leben kann. Und die damit letztlich selbst besser leben, indem sie Fernsehauftritte, Vortragshonorare und Tantiemen bekommen. In vielen dieser Bücher lautet eine Kernaussage, man soll immer schön sagen, was man denkt. Nur nicht aus falscher Höflichkeit Dinge unausgesprochen lassen, die sich dann aufstauen und womöglich zu Magengeschwüren und irgendwann zur unkontrollierten Entladung führen könnten. Allein, die Aufforderung „Sag, was du denkst“ wird offenbar vielfach falsch verstanden. Und so hören wir vor allem von jenen, die die nie getätigte Aufforderung „Sag, was du machst“ beherzigen.

„Ich geh dann schnell einkaufen“ ist ein häufig gebrauchtes Beispiel im Büroalltag – und immerhin Trägermedium für eine sinnvolle Frage an die Kollegen. Ob man nämlich jemandem etwas mitbringen soll. Allzu oft haben derartige Aussagen aber maximal den Wert einer Eigenregieanweisung. Ein gedankenverlorenes „Ich geh aufs Klo“ zum Beispiel erfüllt oft den Tatbestand des Selbstgesprächs. Fraglich, was bedenklicher ist – wenn man den Satz allein in der Wohnung vor sich hinmurmelt oder er beim Aufstehen aus einer Runde von Menschen fällt. Das Leben ist nun einmal keine Kochshow, bei der man jeden Arbeitsschritt für das Publikum erklären muss. Häufig hat eine solche Aussage aber ohnehin einen imperativen Hintergrund. „Also ich gehe jetzt in diese Richtung“ kann etwa der implizite Befehl an eine Gruppe sein, einen bestimmten Weg einzuschlagen.

Umgekehrt ist es übrigens gar nicht so leicht. Dann nämlich, wenn man gefragt wird. „Was machst du gerade?“, gestellt am Telefon, stellt den Befragten vor ein Dilemma – denn die korrekte Antwort „mit dir telefonieren“ wird dann auch wieder als uninformativ oder frech aufgefasst. Und dank Mobiltelefon könnte es ja sein, dass man tatsächlich gerade am Klo ist. Wird offenbar Zeit, ein Self Guidance Book darüber zu schreiben.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

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