Eine Plattform für Kreative auf dem Land

Martin Hollinetz
Martin Hollinetz(c) Clemens Fabry / Die Presse
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Mit Otelos – offenen Technologielabors – hilft Martin Hollinetz Kreativen im ländlichen Raum.

Wien. „Die coolsten Sachen entstehen dann, wenn man querdenkt.“ Dieses Motto hat Martin Hollinetz auch bei sich selbst angewandt: Als der Sozial- und Berufspädagoge nach elf Jahren Stadtleben ins heimatliche Vorchdorf in Oberösterreich zurückkehrte, merkte er, dass das kreative Leben hier nicht so leicht ist. Er dachte nach – und heraus kam die Idee, Otelos (Offene Technologielabors) zu schaffen.

Das war 2008. Mittlerweile gibt es in Österreich acht Otelos, weitere acht sind in Vorbereitung, in Deutschland hat man bereits Fuß gefasst, auch in Südkorea gibt es Interesse an dem Projekt. „Mit Otelo wollen wir Menschen mit unterschiedlichsten Interessen eine Infrastruktur bieten – auf regionaler Ebene“, sagt der 43-Jährige. In der Praxis sieht dies so aus, dass Gemeinden einen Standort zur Verfügung stellen, dazu gibt es die Basisinfrastruktur. Dabei schätzt Hollinetz die Kleinstrukturiertheit auf dem Land: „Du gehst in den Gemeinderat und versuchst die Leute zu überzeugen. Wenn es geht, steht innerhalb kürzester Zeit ein Raum zur Verfügung.“ In Wien oder Graz, meint er, würde das ewig dauern.

Hollinetz legt Wert darauf, dass die Themen in diesen Räumen breit gestreut sind. Da können sich IT-Interessierte mit anderen treffen, andere machen vegane Kochkurse. Es können sich aber auch Menschen vernetzen, die gemeinsam etwas reparieren wollen. „Wir haben Repair-Cafés. Das passt zur Kultur des Selbstmachens. Viele möchten so etwas machen, allein ist es aber zu fad.“ Da gibt es den Altbürgermeister von Vorchdorf, einen gelernten Drechsler, der Kurse anbietet und so ein altes Handwerk belebt. Und dann gibt es noch klassische kreative Ansätze: Porträtfotografie, Radiosendungen, 3-D-Zeichnen oder Schmuckentwerfen.

„Hier können die Leute machen, was sie wirklich wollen, es ist ihr persönlicher Spielraum, in dem sie sich entfalten können.“ Und manchmal kommt auch eine Geschäftsidee heraus – so wie jene eines 3-D-Druckers. Der Erfinder arbeitet mittlerweile in seiner eigenen Firma. Und noch etwas ist Hollinetz wichtig: „Wir haben einen reformpädagogischen Ansatz.“ Im Gegensatz zu anderen Organisationen, die kreativen Freiraum anbieten, aber meistens das Ziel vorgegeben. Bei Otelo ist das Ziel offen, es kann während des Prozesses verändert werden.

Die Räume, in denen sich das alles abspielt, sind die Nodes: Dabei gibt es drei Stufen. Die erste nennt man Think Nodes: Hier wird gedacht, werden neue Ideen entwickelt und ausgetauscht. In der zweiten Stufe wird experimentiert, in der dritten werden konkrete Anlagen gebaut. Und noch etwas ist wichtig. Man muss bereit sein, Ideen, Wissen, Erfahrung zu teilen.

Hollinetz selbst hat ursprünglich eine Elektromechanikerlehre gemacht, ehe er zur Sozialpädagogik kam. Schon 1996 gründete er eine Telearbeitsfirma in Graz und war dann in der Beratungsbranche tätig. 2007 übernahm er das Regionalmanagement in den Bezirken Gmunden und Vöcklabruck. Und dann kam die Otelo-Idee. (g.b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2014)

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