Der US-Konzern General Electric bietet zwölf Mrd. Euro für die Energiesparte des französischen Konzerns. Die Tür für Siemens ist aber noch offen.
Im Übernahmepoker um den französischen Industriekonzern Alstom hat der US-Rivale General Electric (GE) ein Angebot über 12,35 Mrd. Euro für die Energietechniksparte der Franzosen abgegeben. Der Alstom-Verwaltungsrat scheint die GE-Offerte zu bevorzugen. Am Mittwochmorgen teilte das Gremium mit, das Angebot von GE für die Übernahme der Energiesparte werde bis Ende Mai von einem speziell dafür eingesetzten unabhängigen Komitee geprüft.
Der deutsche Rivale Siemens, der ebenfalls in dem Poker mitmischt, solle allerdings noch die Gelegenheit bekommen, ebenfalls ein konkretes Angebot abzugeben. Dieser hat sich jedoch unzufrieden über den Umgang der Franzosen mit seinem Übernahmeangebot geäußert. "Leider haben wir keine Antwort auf unseren Brief vom 26. April erhalten", heißt es in einem Schreiben von Siemens an Alstom, das der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag. "Wir sind besonders enttäuscht von der mangelnden Kooperation des Vorstandschefs" Patrick Kron - dieser sei an einem "direkten Dialog" über das mögliche Geschäft nicht interessiert gewesen.
Frankreichs Regierung für Siemens
Alstom hatte in den vergangenen Monaten heimlich nur mit General Electric über eine Übernahme verhandelt. Die französische Regierung hatte mit Empörung darauf reagiert. Sie fürchtet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und Entscheidungszentren, sollte GE den Zugriff auf Alstom bekommen. Paris hat stattdessen angedeutet, einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und Alstom zu bevorzugen. Die französische Regierung erhofft sich, dass zwei europäische Weltmarktführer entstehen könnten - einer im Bereich Bahntechnik, der andere im Bereich Energie.
Alstom-Chef Patrick Kron, der als Gegner einer Übernahme durch Siemens gilt, erklärte zu dem GE-Angebot, es könne ein noch wettbewerbsfähigeres Unternehmen entstehen. Der übrige Teil des Konzerns würde sich auf das Transportgeschäft konzentrieren. GE erwartet nach eigenen Angaben, dass das Geschäft 2015 abgeschlossen werden könnte.
Tauschgeschäft
Die Münchner hatten im Übernahmepoker um Alstom erst am Dienstag ein eigenes Angebot angekündigt. Dieses wurde allerdings an die Bedingung geknüpft, vier Wochen lang Zugang zu Daten des französischen Unternehmens zu bekommen. Zudem müssten Managementinterviews geführt werden können, hieß es. Siemens werde einen fairen Zugang zu den benötigten Informationen erhalten, kündigte Alstom am Mittwoch an.
Der "Figaro" hatte am Dienstagabend berichtet, Siemens sei bereit, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und Metro-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die Energietechniksparte kaufen könnte. Die Münchner bewerteten letztere mit 10,5 bis 11 Mrd. Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten Unternehmen Alstom, würde Siemens laut "Figaro" einen Anteil von 19 Prozent beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach behalten wollen.
Alstom-Chefetage: Siemens "zu kompliziert"
Die Alstom-Führung hält nach Informationen der Zeitung eine Übernahme durch Siemens für "zu kompliziert" - vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der Produktpalette gebe. In Deutschland herrscht die Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust bei der Siemens-Bahnsparte. Die IG Metall stellte für den Fall eines Tauschgeschäfts klar, dass sie Sicherheiten für die rund 11.500 Beschäftigten der Sparte einfordern werde.
Die französische Regierung werde alle notwendigen Mittel ergreifen, um die Interessen des Staates zu schützen, hatte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg angekündigt. Vor der Nationalversammlung in Paris rechtfertigte er am Dienstag die Einmischung der Regierung in die Verhandlungen. Kein Staat auf der Welt würde es akzeptieren, wenn ein von öffentlichen Aufträgen lebendes Aushängeschild der nationalen Industrie innerhalb kürzester Zeit verkauft würde, erklärte der Minister.
Mountebourg warf Alstom-Chef Kron zudem vor, ihn in den vergangenen Monaten über seine Allianz-Pläne mit General Electric offen angelogen zu haben. "Muss der Wirtschaftsminister in seinem Büro einen Lügendetektor installieren?", fragte Montebourg. Das Energietechnik-Geschäft von Alstom sei für Frankreich strategisch von größter Bedeutung.
(APA/Reuters)