Der Arbeiterkammer Wien zufolge kommt es im Gastgewerbe immer wieder vor, dass Mitarbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden. Allein bei Plachutta würden zwei bis drei Fälle pro Jahr vor dem Arbeitsgericht landen.
Wien. Für die Arbeiterkammer Wien sind Entlassungen wie jene eines Kellners beim Nobelwirt Plachutta wegen der unerlaubten Verwendung von Staubzucker keine Seltenheit. Insbesondere im Gastgewerbe komme es häufig vor, dass Mitarbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden, sagt Arbeitsrechtsexpertin Carmen Riedl. Allein bei Plachutta gebe es zwei bis drei Fälle pro Jahr, die vor dem Arbeitsgericht landen. Beispielsweise sei zuletzt ein Mitarbeiter entlassen worden, weil er zweimal unrasiert in die Arbeit gekommen sei. Einen Betriebsrat gebe es dort dennoch nicht. Laut Plachutta-Sprecherin Christina Knierlinger habe es noch keinen Bedarf gegeben.
Erst kürzlich gewann die Arbeiterkammer einen Prozess gegen einen anderen Betrieb, in dem es um eine Kündigung im Krankenstand ging. In diesem Fall hatte sich eine junge Köchin eine Prellung am Arm zugezogen. Als sie am nächsten Tag mit Gips erschien, um dem Chef die Krankenstandsbestätigung zu bringen, wurde sie entlassen. Im Arbeitsrechtsverfahren warf er ihr vor, sie hätte eine Dose Fanta gestohlen, und zog ihr von der Abrechnung noch 200 Euro für angeblich von ihr zerbrochenes Geschirr ab, so Riedl. Das Arbeitsgericht sprach der Köchin 2500 Euro an Kündigungsentschädigung und Sonderzahlungen zu. Trotz Rechtskraft des Urteils habe der Arbeitgeber noch nicht gezahlt.
Konkurs nach Klage
Auch außerhalb der Gastronomie kommt es der Arbeiterkammer zufolge immer wieder zu ungerechtfertigten Entlassungen. Riedl berichtet von dem Fall eines Radio- und Fernsehtechnikers, der 22 Jahre lang bei einer Firma beschäftigt war. Als er sich einmal weigerte, auf ein vereistes Dach zu steigen, um an einer Sat-Anlage zu arbeiten, wurde er fristlos entlassen. Es war seiner Ansicht nach viel zu gefährlich, da das Dach zudem eine Neigung von 40 Grad hatte und er ein schweres Gestänge zu montieren gehabt hätte. „Der Arbeitnehmer musste dann seine Abfertigung und Kündigungsentschädigung einklagen“, sagt Riedl. „Die Klage ging durch, die Firma ging dann in Konkurs, und der Insolvenzentgeltfonds hat die Ansprüche des Arbeitnehmers im Ausmaß von mehr als 20.000 Euro bezahlt.“ (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2014)