Nach dem Beben: Heimkehrer: "Um Haaresbreite gerettet"

Herzzerreissende Szenen bei der Ankunft von überlebenden österreichischen Urlaubern aus der Katastrophenregion. Einer der Geretteten spricht von grauslichen Erlebnissen und dass die Flutwelle alles mitgerissen habe: "Abfall, Häuserteile, Menschen, Fensterteile."

Eine weitere AUA-Maschine ist am Dienstag Abend auf dem Wiener Flughafen in Schwechat gelandet. Laut Horst Lassnig vom Presseinformationsdienst der Stadt Wien kamen 250 Passagiere an. Rund 60 flogen weiter nach Graz und Linz sowie in die Schweiz und nach Süddeutschland. Die Urlauber wurden von Phuket aus nach Hause gebracht. Sie wurden medizinisch und psychologisch versorgt, Schwerverletzte wurden in Spitäler in der Umgebung eingeliefert.

Auch die Europäische Reiseversicherung hat in Zusammenarbeit mit Europ Assistance sieben Österreicher aus Phuket in Thailand zurückgeholt. Der Ambulanzjet landete in der Nacht auf Mittwoch am Flughafen Wien-Schwechat. Zumindest vier Personen waren verletzt, erklärte Europ-Assistance-Pressesprecher Gerald Fiala auf Anfrage der APA. Eine Frau habe massive Brustkorbverletzungen erlitten, die Übrigen hatten vor allem Schnittwunden an Armen und Beinen. Zum Teil standen sie noch unter Schock.

"Die Passagiere sind in einem äußerst angespannten, ermüdeten Zustand", sagte Lassnig gegenüber Journalisten. Die meisten hätten drei Tage lang nicht geschlafen. Auch körperlich Unverletzte hätten psychisch einiges mitgemacht und seien traumatisiert. "Auch die müssen unbedingt psychosozial betreut werden", sagte Lassnig.

In der Ankunftshalle des Flughafens spielten sich herzzerreissende Szenen ab: Während die einen Angehörigen freudestrahlend auf ihre Lieben warteten, wussten andere nicht einmal, ob ihre Verwandten überhaupt in dem Flieger sitzen würden.

Die Information, die aus Phuket kam, sei gut gewesen, sagte ein älteres Ehepaar, das seinen Namen nicht nennen will. Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn machten in dem nun zerstörten thailändischen Urlaubsort Ferien. "Wir haben von Anfang an gewusst, wo sie sind und dass es ihnen gut geht", meint die Mutter. Der Nachsatz des Vaters: "Es muss schlimm sein, wenn man gar nichts weiß."

Einer der heil in Wien Angekommenen ist Eduard Issel: Der 55-jährige Wiener ist einer der Überlebenden der Flutkatastrophe im schwer getroffenen thailändischen Ferienort Khao Lak. Hunderte Vermisste, zahlreiche Tote gebe es dort offenbar im Hotel "Sofitel Magic Lagoon Khao Lak" nördlich von Phuket. Das Resort ist Augenzeugenberichten zufolge zerstört.

Der 55-Jährige sprach von 30 bis 40 Meter hohen Wellen, die zwei Kilometer weit in das Land spülten. "Ich konnte mich um weniger als eine Haaresbreite retten." Sein Glück war, dass sein Hotel Bank Sak Beach bei Khoa Lak auf einem Hügel lag und er sich auf den höchsten Punkt retten konnte.

Im Meerwasser sei alles gewesen, was man sich vorstellen könne. "Abfall, Häuserteile, Menschen, Fensterteile." Vor den Krankenhäusern seien tausende Leute gelegen, weil kein Platz mehr in der Spitälern war. Die Verletzungen seien zum Teil ohne Narkose genäht worden. Die Einheimischen hätten sich - obwohl sie selbst stark getroffen wurden - rührend um ihn und seine Frau gekümmert.  

Auf die Frage, ob der Tag seiner Rettung wie eine zweite Geburt gewesen sei, sagt Issel, man habe mit anderen Überlebenden vereinbart, den "Club des 26. Dezember" zu gründen.

Autor Josef Haslinger unter Betroffenen

Der österreichische Autor Josef Haslinger ("Opernball") wurde beim Seebeben in Asien verletzt und befindet sich derzeit nach seiner heutigen Rückkehr in einem Wiener Spital, wo er "wahrscheinlich genäht werden muss". Dies schilderte die Tochter des am 5. Juli 1955 in Zwettl geborenen Autors gegenüber der APA.

Die Familie Haslinger habe sich auf der schwer betroffenen Touristeninsel Phi Phi befunden und Schnittwunden davongetragen. Jedoch seien alle Familienmitglieder mit Verletzungen davongekommen und heimgekehrt. Haslinger lebt und arbeitet in Wien und Leipzig, wo er am Deutschen Literaturinstitut unterrichtet.

Minister Haupt holte Freund vom Flughafen ab

Das katastrophale Erdbeben in Asien betrifft auch Freunde heimischer Spitzenpolitiker: Sozialminister Herbert Haupt  am Mittwoch Morgen den Kärntner Augenarzt Herbert Thaler von Wien-Schwechat abgeholt, der gemeinsam mit 235 Betroffenen - darunter vier Leichtverletzten - aus dem Krisengebiet nach Österreich geflogen wurde.

Thaler war gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin im schwer betroffenen Khao Lak auf Urlaub gewesen. Es gelang ihm, mit Schnittverletzungen und ohne jeglichem Hab und Gut den Flieger nach Wien zu erreichen.

"Das ist eine grauenvolle Katastrophe, die mich persönlich sehr betroffen macht", sagte Haupt gegenüber der APA. Viele Bekannte seien davon betroffen. "Die schrecklichen Bilder aus dem Fernsehen werden sehr schnell lebendig, wenn man sieht wie viele Österreicher ums nackte Überleben gelaufen sind", so der Minister.

Die Betroffenen äußerten am Airport gegenüber Journalisten erneut Kritik am Krisenmanagement des Außenministeriums. "Wir sind uns vorgekommen, als würde sich keiner um uns scheren", meinte ein Mann. "Wir sind dem Konsul unheimlich dankbar, aber er kämpft dort alleine auf verlorenem Posten."  (apa/red)

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