Nachwehen der Immobilienkrisen holen China ein. Ohnehin ist die Wirtschaft in einer fragilen Lage. Der Internationale Währungsfonds drängt Peking nun sogar, auf ein neues Wachstumsmodell umzustellen.
Peking/Washington. Chinas Immobilienkrise, die vor zwei Jahren die Welt in Atem hielt, zeigt wieder Nachwehen. Und wieder geht Angst um, ob es nicht doch noch Ansteckungsgefahren für die Wirtschaft gibt. Konkret wurden soeben einige Manager der Vermögensverwaltungssparte des hoch verschuldeten Immobilienentwicklers Evergrande festgenommen. „Organe der öffentlichen Sicherheit haben kürzlich strafrechtliche Zwangsmaßnahmen gegen Du und andere mutmaßliche Kriminelle bei Evergrande Financial Wealth Management Co. ergriffen“, teilte die Polizei der Stadt Shenzhen Samstagnacht mit.
Bei Protesten am Hauptsitz von Evergrande 2021 hatten Teilnehmer Du Liang als Generaldirektor und rechtlichen Vertreter der Vermögensverwaltung benannt. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte indes nicht verifizieren, dass Du nun zu den Verhafteten gehörte. Die Polizei forderte jedenfalls Investoren auf, Finanzdelikte anzuzeigen. Evergrande gab am Sonntag keine Stellungnahme ab.
China Evergrande, das am höchsten verschuldete Immobilien-Unternehmen weltweit, war vor zwei Jahren in Schieflage geraten, nachdem die Immobilienblase in China geplatzt war. Allerdings konnte der Konzern einen ungeordneten Zusammenbruch bisher vermeiden. Mitte August beantragte er im Zuge seiner Sanierung Gläubigerschutz in den USA.
Schattenbank Zhongrong
Abseits der Causa Evergrande setzen sich derweil die Zahlungsprobleme bei der chinesischen Treuhandfondsfirma Zhongrong International Trust fort. „Wegen mehrerer interner und externer Faktoren konnten die Zahlungen bei einigen Produkten des Unternehmens nicht wie vereinbart geleistet werden“, teilte die Firma am späten Freitagabend (Ortszeit) mit.
Seit Ende Juli ist Zhongrong Insidern zufolge Rückzahlungen auf Dutzende Produkte schuldig geblieben. Da Zhongrong traditionell beträchtlich im Immobilienmarkt investiert ist, hat das die Furcht vor Ansteckungseffekten in einer ohnehin fragilen Lage der chinesischen Wirtschaft genährt.
Zhongrong International Trust ist eine von Chinas berüchtigten „Schattenbanken“. Dabei handelt es sich um Finanzunternehmen, die keine Banklizenz haben, aber im Auftrag von Investoren Geld anlegen – oft mit dem Versprechen hoher Zinszahlungen.
Zeit für mehr Binnenkonsum
Was nun die fragile Wirtschaftslage generell betrifft, so hat sich am Wochenende Kristalina Georgiewa zu Wort gemeldet und China gedrängt, die lokalen und damit auch globalen Wachstumsprobleme zu bekämpfen. „Wir raten China, seinen politischen Spielraum so zu nutzen, dass es sein Wachstumsmodell auf mehr Binnenkonsum umstellen kann“, sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) gegenüber Reuters.
Der IWF fordert China auf, den schwachen Binnenkonsum anzukurbeln, sich mit dem angeschlagenen Immobiliensektor zu befassen und die Verschuldung der lokalen Regierungen einzudämmen. „Der traditionelle Weg des immer mehr Hineinpumpens von Geld wird in der derzeitigen Situation nicht produktiv sein.“ Der IWF werde Peking nachdrücklich auffordern, sein Wachstumsmodell weg von schuldengetriebenen Infrastrukturinvestitionen und Immobilien zu verlagern. Die entsprechenden Empfehlungen werden an die chinesischen Behörden in der bevorstehenden IWF „Artikel IV“ Analyse der chinesischen Wirtschaftspolitik übergeben. (Apa/Reuters/est)