Die ukrainische Wirtschaftsministerin, Julia Swiridenko, pocht im „Presse“-Interview auf gleiche Regeln für alle EU-Mitglieder beim Getreideexport. Im Land soll die Industrie von Ost nach West verlagert werden. Und mit Waffenherstellern stehen auch neue Investoren bereit.
Die Presse: Die russische Invasion, die Blockade der Schwarzmeer-Häfen und die Aufkündigung des Getreideabkommens durch Moskau quälen die ukrainischen Bauern. Nun kommt noch die Blockadehaltung Polens beim ukrainischen Getreideexport hinzu. Was heißt das für die Ukraine?
Julia Swiridenko: Unsere Bauern leiden sehr unter dem Krieg, denn der Exportanteil von Agrarprodukten lag bereits 2022 auf über 50 Prozent. Nun wird unsere Hafen-Infrastruktur täglich angegriffen. Und dies beeinträchtigt die Exportmöglichkeiten massiv. Exportbeschränkungen für ukrainisches Getreide in EU-Staaten verursachen darüber hinaus großen Schaden. Vor allem bei den kleineren Getreidebauern fressen die massiv gestiegenen Transportkosten den Gewinn auf. Bereits im zweiten Jahr schafft die ukrainische Kornkammer Profit für Logistiker, Transporteure und Getreidehändler, nicht aber für die Bauern. Dies ist das größte Problem für unsere Landwirtschaft.
Die EU-Kommission hat die Handelsbeschränkungen gegenüber der Ukraine vergangenen Woche aufgehoben. Doch Polen, Ungarn und vielleicht auch Rumänien wollen sie aufrechterhalten. Hoffen Sie auf eine Einigung in letzter Minute?
Wenn der Getreide-Exportboykott nicht beendet wird, klagen wir vor einem Schiedsgericht, so wie wir das unseren polnischen und europäischen Kollegen bereits angedroht haben. Wir tun dies ungern, aber wenn es nicht anders geht, beschreiten wir diesen Weg. Und zwar gegen jene EU-Mitglieder, die diesen Getreideexport-Boykott für die Ukraine aufrechterhalten werden.