Porträt: Große Blonde mit dem schwarzen Kanzler

Sie gilt als Arbeitstier mit absoluter Loyalität. Dauerlächeln muss Ursula Plassnik noch ein wenig üben.

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ns Rampenlicht hat es sie nie gedrängt. Zur Macht schon, aber nie ins Rampen licht. Am Montag gab Ursula Plassnik ihr Bestes, um ein dem Anlass angemessenes Lächeln aufzusetzen. Mit ihrer Vorgängerin, Benita Ferrero-Waldner, kann sie es diesbezüglich noch nicht aufnehmen. Aber wer kann das schon?

Die kühle 1,90 Meter große Blonde aus Kärnten will zunächst einmal den Eindruck weglächeln, dass sie öffentlichkeitsscheu sei. In ihrer bisherigen Karriere hat die 48-jährige Juristin zumeist im Hintergrund gewirkt. Dort spann sie gewissenhaft die Fäden für andere, zunächst als Stellvertreterin für den damaligen Leiter der wirtschafts- und integrationspolitischen Abteilung im Außenamt, Gregor Woschnagg, und später als Kabinettschefin für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. "Sie ist eine der engagiertesten Mitarbeiter, die ich je gesehen habe", erinnert sich Woschnagg, heute Österreichs Botschafter bei der EU. Hundertprozentig sei ihr Einsatz gewesen, auch ganze Wochenenden habe sie damals durchgearbeitet. Ein durch und durch politischer Kopf sei Plassnik, ihre Fähigkeit zur Analyse herausragend.

Doch wie ihre eigene politische Meinung aussieht, weiß man nicht einmal im engsten bisherigen Arbeitsumfeld. Im Außenministerium ist man noch nicht so ganz überzeugt von der politischen Substanz der Neuen. "Eigene Initiativen wird Plassnik wohl kaum starten", erwartet eine Diplomatin, die nicht namentlich genannt werden will. Ein Kollege hingegen meint: "Wir sind zufrieden. Für uns ist wichtig, dass es wieder jemand von uns ist." Bekannt ist sie als zielstrebige Hintergrundarbeiterin. Als öffentliche Person kann man sie noch nicht einschätzen.

Einig ist man sich am Ballhausplatz über die organisatorischen Fähigkeiten der neuen Außenministerin. "Tough, effizient und durchsetzungskräftig" lauten die Urteile, die immer wieder über die Klagenfurterin zu hören sind. Plassnik selbst fügt in ihrer ersten Vorstellungsrunde gleich mehrfach hinzu, dass sie eine Teamspielerin sei.

Grundlage ihrer Anerkennung sei jedoch immer harte Arbeit gewesen. Fleiß zeigt die Tochter eines sozialdemokratischen Lehrerehepaars schon in frühen Jahren. Mit 21 Jahren schließt sie bereits ihr Jusstudium ab. Nach dem Gerichtsjahr und einem Post-Graduate-Studium am College d'Europe in Brügge heuert sie zunächst bei der Creditanstalt an. 1981, mit 25 Jahren, tritt sie ins Außenamt ein. Ihre ersten Lorbeeren verdient sie sich in der Abteilung für Sicherheitspolitik und KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit). 1990 lässt sich Plassnik karenzieren und wechselt ins EFTA-Sekretariat nach Genf.

Das hat auch private Gründe. Ihr zweiter Ehemann, Gerard Stoudman, ist Schweizer. Mittlerweile - seit Anfang 2003 - ist sie von dem Diplomaten, der einst das OSZE-Büro für Menschenrechte in Warschau geleitet hat, geschieden, ebenso wie von ihrem ersten Mann, dem Parlamentsdirektor Georg Posch (er gilt übrigens als Sozialdemokrat).

1994 kehrt Plassnik nach Wien zurück. Ihr steiler Aufstieg beginnt. Gregor Woschnagg holt sie in seine Abteilung für EU-Angelegenheiten. Spätestens jetzt fällt sie mit ihren knapp-präzisen Arbeitspapieren auch Schüssel nachhaltig auf. 1997 holt sie der damalige Vizekanzler und Außenminister als Kabinettschefin zu sich.

Plassnik macht sich unentbehrlich. Sie bleibt auch Kabinettschefin, als Schüssel Regierungschef wird. Wie ein ungleicher Zwilling begleitet sie den Bundeskanzler zu allen wichtigen Terminen, hält kritische Distanz zu Journalisten. Schüssels zeitweilige Medienphobie wird ihr angelastet.

Im Jahr 2000 hat Plassnik vorerst genug von der Innenpolitik. Sie will als Ständige Vertreterin zum Europarat nach Strassburg weiterziehen. Doch Schüssel hält sie. Erst Anfang 2004 lässt er sie gehen, als Botschafterin in die Schweiz - um sie nur zehn Monate später als Außenministerin zurückzuholen. Außer der hohen Politik sagt man der Kärntnerin nur noch eine Leidenschaft nach: Literatur. Doch ihren heimlichen Wunsch, ein Buch über Ingeborg Bachmann zu schreiben, wird sie sich jetzt wohl nicht so bald erfüllen können.


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