Ein Start-up aus Niederösterreich will mithilfe heimischer Wälder der Klimakrise begegnen. Unternehmen, die das Projekt unterstützen, können ihre Investition als CO2-Ausgleichsmaßnahme anrechnen lassen. Strenge Auflagen sollen „Greenwashing“ verhindern.
Die Klimakrise setzt viele österreichische Unternehmen unter rechtlichen und moralischen Druck: Sie müssen ihren Kohlendioxid-Fußabdruck reduzieren, indem sie den eigenen Schadstoffausstoß so weit wie möglich herunterschrauben. Unvermeidbare Emissionen können durch Investitionen in Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden.
Ein Start-up aus dem Waldviertel führt seit zwei Jahren solche Projekte durch, unterstützt vom AWS (Austria Wirtschaftsservice). Vincenz Fürstenberg, Geschäftsführer von ECS Climate Solutions, setzt dabei auf die Klimaheilkraft der heimischen Wälder: „Sie sind unsere größten Verbündeten im Kampf gegen die Krise, zugleich aber auch ein großes Sorgenkind.“ Das Problem: Die Wälder nehmen zwar klimaschädigendes CO2 aus der Atmosphäre auf, drohen aber selbst zu Opfern des Klimawandels zu werden. Dürren, Hitze, Extremwetterereignisse und Schädlinge setzen den Bäumen zu. In der Folge werden betroffene Wälder instabil, und anstatt CO2 zu binden, geben sie es frei.
Hier will Fürstenberg, Forstwissenschaftler und Wirtschaftsrecht-Spezialist, ansetzen: Er und sein Team entwickeln Bewirtschaftungskonzepte für Wälder, damit diese ihre CO2-Speicherung erhöhen und gleichzeitig so klimafit werden, dass sie auch in vielen Jahrzehnten noch Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen. Finanziert werden der Waldumbau und die zusätzliche CO2-Speicherleistung durch die Ausgabe von Zertifikaten, sogenannten Carbon Credits, an Unternehmen, die sich diese Investition als CO2-Ausgleich anrechnen lassen können.
Kein Wald gleicht dem anderen
Dem 38-Jährigen ist die Expertise in Sachen Forstwesen in die Wiege gelegt: Seine Familie bewirtschaftet seit Generationen Schloss und Gut Weitra im Waldviertel, wo nun das Start-up seinen Firmensitz hat. Auch Firmenmitgründer Michael Bubna-Litic ist anerkannter Forstfachmann. Derzeit betreut das Unternehmen der beiden mehrere Tausend Hektar Waldfläche in ganz Österreich. Man erstellt für jedes Projekt gemeinsam mit den jeweiligen Besitzerinnen und Besitzern maßgeschneiderte Management-Konzepte.
„Kein Wald gleicht dem anderen, was seine Struktur, seine topografischen Besonderheiten oder seine Bewirtschaftungsgeschichte betrifft“, sagt Fürstenberg. Der Katalog der möglichen Maßnahmen umfasst unter anderem das gezielte Fördern von klimaresistenten Baumarten. Das sind Gehölze, die Trockenperioden besser standhalten, Wasser mit ihren Wurzeln tief aus dem Boden aufnehmen können und wenig anfällig sind für Schädlingsbefall. Fichten, die derzeit rund die Hälfte der 3,4 Milliarden österreichische Bäume ausmachen, werden den Experten zufolge in vielen Gegenden nach und nach verschwinden: Klimabedingter Stress macht sie anfällig für Parasiten. Widerstandsfähiger sind etwa Eiche, Ahorn oder Tanne. Aber auch sie eignen sich nicht für jeden Standort.
Um den Wald gegen drohende Dürreperioden zu rüsten, wird, wo erforderlich, die Zahl der Stämme im Zuge von Pflegemaßnahmen reduziert und damit die gegenseitige Konkurrenz im Kampf um Wasser und Nährstoffe verringert. Die verbleibenden Bäume danken es mit einem gesteigerten Zuwachs, sodass das Gesamtholzvolumen des Waldes und damit die CO2-Aufnahme steigen, erklärt Fürstenberg.
Blockchain verhindert Missbrauch
Unternehmer, die als Ausgleich für den Schadstoffausstoß ihrer Betriebe diese heimischen Klimaschutzprojekte unterstützen und dafür ein Zertifikat bekommen wollen, müssen strenge Vorgaben befolgen, betont Fürstenberg. Sie seien verpflichtet, ihre CO2-Bilanz sowie alle Maßnahmen zur Reduktion ihrer Emissionen offenzulegen. Damit solle ein „Greenwashing“ verhindert werden. Zudem mache Blockchain-Technologie einen Missbrauch der Zertifikate unmöglich. Diese Richtlinien sowie die Forcierung von Umweltschutzmaßnahmen in regionaler Nähe zu den Investoren würden ECS von vielen anderen Anbietern unterscheiden, sagt Fürstenberg. „Und wir geben Credits Jahr für Jahr nur für die tatsächlich geleistete zusätzliche CO2-Speicherung in unseren Wäldern aus.“
Derzeit werden in Österreich jährlich knapp 78 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in die Luft geblasen. Bis 2040 soll die Klimaneutralität erreicht sein, die Dekarbonisierung ist ein wesentlicher Baustein.
Lexikon
Klimakompensation ist die Möglichkeit für Unternehmen, den eigenen CO2-Ausstoß dadurch auszugleichen, dass in Maßnahmen investiert wird, die CO2 aus der Atmosphäre entfernen.
Die Kritik: Wiewohl es sehr gute Kompensationsprojekte gibt, wird das System von Projekten mit zweifelhafter CO2-Effektivität unterwandert, die es Firmen ermöglichen, sich von ihrer Umweltverantwortung billig freizukaufen („Greenwashing“).