Kriminalität

Schweden plant Militäreinsatz wegen Bandengewalt

Schwedische Soldaten bei einem Nato-Manöver in Polen, 2022. Nun könnte ihnen ein Einsatz im eigenen Land bevorstehen.
Schwedische Soldaten bei einem Nato-Manöver in Polen, 2022. Nun könnte ihnen ein Einsatz im eigenen Land bevorstehen.AFP
  • Drucken

Ausufernde Verbrechenswelle großteils migrantischer Banden zwingt Regierung zu beispiellosen Überlegungen. Premier Kristerssen gibt in TV-Rede „Naivität“ und „verantwortungsloser Einwanderungspolitik“ über viele Jahre die Hauptschuld an der Lage.

Im Kampf gegen die seit Jahren eskalierende Bandenkriminalität in Schweden könnten bald die Streitkräfte des Landes zum Einsatz kommen. Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte in der Nacht auf Freitag in einer Rede zur Lage der Nation, er werde sich heute, Freitag, mit dem nationalen Polizeichef Anders Thornberg und dem militärischen Oberbefehlshaber Micael Bydén treffen, um zu prüfen, wie das Militär der Polizei helfen könne, sagte Kristersson.

„Wir werden die Gangs jagen und wir werden die Gangs besiegen“, sagte der konservative Regierungschef (59). „Wir werden sie vor Gericht stellen. Sind sie schwedische Staatsbürger, werden sie mit sehr langen Haftstrafen eingesperrt. Sind es ausländische Staatsbürger, werden sie außerdem ausgewiesen.“

Schauplatz einer Bombenexplosion in Uppsala, bei der vor Tagen eine junge Frau starb.
Schauplatz einer Bombenexplosion in Uppsala, bei der vor Tagen eine junge Frau starb.Reuters / Tt News Agency

Schweden, das historisch gesehen als weitgehend friedliche und gastfreundliche Gesellschaft bekannt ist, ringt seit mindestens einem Jahrzehnt mit grassierender Kriminalität von Banden, deren Mitglieder in der Regel migrantischen Hintergrund haben. Eine auffallende Verschlechterung der Sicherheitslage ist seit 2015 und dem damaligen Massenansturm von illegalen Migranten und Flüchtlingen auf Europa festzustellen. Immer wieder kommt es Schüssen, Messerattacken, Prügeleien und Explosionen.

An der Spitze von Europas Mordraten

Die Mordrate war in Schweden in den 1990er-Jahren noch minimal, doch während sie seither im EU-Schnitt gesunken ist, stieg sie in Schweden (rund 10,5 Millionen Einwohner) und lag laut Bericht des ZDF vom Frühjahr zuletzt sogar an der Spitze Europas. 2022 gab es demnach 388 Schusswaffenvorfälle mit 61 Todesopfern und mehr als 100 Verletzten, so viele wie nie zuvor. In Dänemark und Norwegen wurden hingegen 2022 jeweils „nur“ vier und in Finnland zwei Menschen erschossen.

Immerhin 13 % der Schweden gaben an, dass sie in ihrem Wohngebiet Probleme mit Kriminalität, Gewalt oder Vandalismus haben, einer der höchsten subjektiven Werte in Europa — und diese Umfrage ist auch schon einige Jahre alt (2019).

In diesem Monat eskalierte die Gewalt abermals, was unter anderem mit einem vermuteten Konflikt innerhalb des kriminellen Foxtrot-Netzwerks zusammenhängen soll. Elf Menschen wurden im September bereits erschossen, darunter Unbeteiligte. Am Donnerstag starb eine junge Frau bei einer Explosion.

„Verantwortungslose Einwanderungspolitik“

Premier Kristersson machte jahrelange politische Naivität für die dramatische Lage mitverantwortlich. „Eine verantwortungslose Einwanderungspolitik und eine gescheiterte Integration haben uns hierher geführt“, sagte er. Ausgrenzung und Parallelgesellschaften böten Nährboden für kriminelle Banden. „Dort können sie rücksichtslos Kinder anwerben und künftige Mörder ausbilden.“

Premier Kristerssen bei seiner ernüchternden TV-Rede an die Nation.
Premier Kristerssen bei seiner ernüchternden TV-Rede an die Nation.APA / AFP / Jonathan Nackstrand

Schon sein linker Vorvorgänger, der Sozialdemokrat Stefan Löfven (2014-2021), unter dem die Einwanderung primär aus „Problemregionen“ etwa des arabischen und nordafrikanischen Raums regelrecht ausgeufert war, gab gegen Ende seiner Amtszeit zu: „Wenn man eine Einwanderung hat mit einer Größenordnung, die eine Integration erschwert, so führt dies zu sozialen Spannungen.“ 2018 hatte er sogar schon einmal Überlegungen hinsichtlich einer Militäraktion gegen das organisierte Verbrechen ventiliert.

Die schwedische Gesetzgebung sei nicht auf „Bandenkrieg und Kindersoldaten“ ausgelegt, betonte unterdessen Kristersson, im Amt seit Oktober 2022 an der Spitze einer bürgerlich-liberalen Minderheitsregierung, die von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt wird. Seine Regierung ändere dies nun, sowohl in der Migrations- als auch in der Kriminalpolitik. Jugendgefängnisse sollten gebaut werden, um junge Täter von erwachsenen Kriminellen zu trennen. Außerdem werde daran gearbeitet, dass alle Kinder die schwedische Sprache lernten.

Schwedens Militär ist aktuell aktiv etwa 24.000 Mann stark, dazu kommen rund 33.000 Reservisten. Die Armee, der vermutlich die Hauptrolle bei einem Hilfseinsatz zukommen dürfte, zählt aktiv nur rund 7000 Soldaten. (APA/red.)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.