Von ihrem Vater, der eine harte Kindheit erlebte und sich mit Optimismus gegen Gefühle wehrte, erzählt Amélie Nothomb in ihrem Roman „Der belgische Konsul“.
Der junge belgische Adelsspross Patrick Nothomb ersehnte sich nichts mehr als die Zuneigung seiner Mutter. Doch die früh verwitwete Salondame kreiste modevernarrt nur um sich selbst und schob den Sohn zu den Großeltern ab. „Sie hatte ihre spezielle Art, eine Umarmung zu vermeiden, indem sie mir die Hände entgegenstreckte, um mich dann nicht hochzuheben. Ob sie Angst hatte, ihre schöne Toilette zu ruinieren?“
Erzwungene Askese
Nach Ausflügen in verschiedenartige Erzählgefilde hat sich die belgisch-französische Erfolgsschriftstellerin Amélie Nothomb nun ihrem 2020 verstorbenen Vater, einem Diplomaten mit früher Todesangst-Erfahrung, zugewandt. Noch vor ihrer Geburt war Patrick Nothomb als 28-jähriger belgischer Konsul Opfer einer spektakulären Geiselnahme geworden. Als gewiegte Erzählerin spart sich Nothomb das dramatischste Ereignis dieses Lebens für das Ende des Romans auf und konzentriert sich in dem knapp gehaltenen Lebensbild überwiegend auf die Jugendgeschichte ihres Vaters.