Expedition Europa

Bei der åländischen Separatistin, die keine mehr sein will

IMAGO/imageBROKER/Reinhard Pantke
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Die Bewegung „Ålands Zukunft“ möchte gar nicht mehr von Finnland zu Schweden. Dort sei es nicht sicher.

Am Sonntag wurde auf den autonomen, demilitarisierten, schwe­disch­spra­chigen, aber zu Finnland ge­hö­renden Åland-Inseln ein neues Par­lament gewählt. Die näher an Schweden als an Finnland liegenden Inseln ge­nie­ßen einen international beachteten Sonderstatus: Åland ist in der EU, aber nicht der Zollunion. Noch im Wahlkampf habe ich mich mit Vertretern der regionalistischen „Ungebundenen Sammlung auf Åland“ und der an­geb­lich se­pa­ra­tistischen „Ålands Zukunft“ getroffen. Im coolen Neubau des Autonomieparlaments „Lagting“ empfing mich ein Abgeordneter der „Ungebundenen“. Bert Hägg­blom stellte mir Dackel Char­lie als „Bodyguard“ vor­, suchte langwierig die Licht­steu­erung für den Ple­nar­saal mit der blau-abstrakten Staatskunst und erklärte mir ungefragt die Fresken in der Au­la. Als er vor dem Porträt des Führers der Åland-zu-Schwe­den-Bewegung, der wegen Hochverrats in Finnland in­haf­tiert wor­den war, die Formulierung „mein er­ster Vorgänger“ ge­brauch­te, be­griff ich endlich, dass mir der Par­la­ments­präsident persönlich die Ehre gab.

Bert Hägg­blom, der am Sonn­tag nicht mehr antrat, war eigentlich im Urlaub, tele­fo­nier­te aber wild herum und blickte ansonsten mit müder Altersmilde auf die Weltläufte. Das dritte Autonomiepaket sei 1993 geschnürt worden, beim vierten spieße es sich, nach der Åland-Ver­schmä­he­rin Sanna Ma­rin erfüllte ihn aber der neue finnische Premier mit Hoffnung, der „hier seine er­ste Rede auf Schwedisch hielt und je­den Tag an Åland zu denken ver­sprach“. Ålands EU-Beitritt nannte er ganz nebenbei einen Fehler, ein Status wie Färöer oder Grön­land hätte besser gepasst, „wegen der Uk­raine ist es jetzt aber auch bes­ser, in der EU zu sein“.

Liebhaberei der schwedischen Sprache

Außerhalb von Jomala fand ich den Bauernhof der Patchwork-Familie Eriksson. Körndlbauer An­ders, der den von ihm be­wirt­schaf­teten Grund mehr als ver­zehn­facht hatte und Erdäpfel für die sehr harten und fettigen ålän­di­schen Chips anbaute, blieb schweigend auf dem Traktor sitzen, sei­ne Frau Peggy lud mich bei åländischen Erdbeeren und Himbeeren auf die weiße Holzveranda. Genau wie es mir Häggblom gesteckt hat­te: „Er ist der Abgeordnete, sie ist der Boss.“ Die kultivierte Frau im weißen Pullover war vielfach studierte Be­amtin einer Kinderbehörde mit Kind­heit und Ju­gend auf dem fin­nischen Festland, in Dänemark und Hol­land. Sie leb­te seit 30 Jahren auf Åland, war seit 15 Jahren mit dem hageren Ur­gestein Anders zusammen, „Ålands Zukunft“ hatte sie aber auch schon vor­her ge­wählt.


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