Das Projekt in London adaptiert eine Militärkaserne zu nachhaltigen Townhouses.
Architekturtrends

„Der letzte Schrei“ bei Luxusimmobilien

Das Bewusstsein bei Käufern für nachhaltige Architektur wächst, wie einige Highend-Projekte in Toplagen zeigen: vom urbanen Baumhaus in Wien-Ottakring bis zu den „Chelsea Barracks“ in London.

Wahrer Luxus liegt nicht in goldenen Wasserhähnen und endlosen Quadratmetern. Dieses Bewusstsein setzt sich immer mehr auch bei jenen durch, die ihn sich tatsächlich leisten können. Inzwischen wird selbst in den Foldern absoluter Top-Projekte gleich nach der Lage bereits mit dem Nachhaltigkeitszertifikat geworben. Lässt sich doch mit Recycling und Biodiversität mehr Prestige erzielen als mit dem fünften En-suite-Bad in Marmor.

Urbanes Baumhaus in Wien-Ottakring

In Wien haben beispielsweise Smartvoll Architekten im 16. Bezirk das Urban Treehouse entworfen: ein Stadtbaumhaus, das einen Beitrag zur Erhaltung von Biodiversität leistet. Auf einem Gründerzeithaus wird zunächst der Dachstuhl entfernt, der übrig gebliebene Raum zwischen zwei Feuermauern danach allerdings nur zu 50 Prozent bebaut – dafür drei Stockwerke hoch („Die Presse“ berichtete: Dachausbau neu gedacht). Der Rest bleibt Frei- beziehungsweise Grünraum mitten in der Stadt. Ein Konzept, das 130 Quadratmeter Lebensraum für die Bewohner schafft sowie Platz für Pflanzen, Insekten und das Leben an der frischen Luft. Denn die Bedeutung der Biodiversität in den Städten und besonders deren Speckgürtel werde häufig unterschätzt, sagt Smartvoll-Architekt Philipp Buxbaum.

In Ottakring situierten Smartvoll Architekten ihr „Stadtbaumhaus“ mit Garten auf einem zweistöckigen Altbau in der Brestelgasse.
In Ottakring situierten Smartvoll Architekten ihr „Stadtbaumhaus“ mit Garten auf einem zweistöckigen Altbau in der Brestelgasse.Rendering: Smartvoll Architekten

Dass mit einem grünen Haus auf dem Dach allein aber noch kein nachhaltiger Schritt in Sachen Biodiversität in der Stadt gemacht werden kann, ist ihm wohl bewusst, weshalb sein Unternehmen mit der TU Wien in Kontakt steht, um die mögliche Relevanz eines Netzwerks solcher Häuser herauszufinden. Denn die Chancen dafür sind in den Städten und Speckgürteln durchaus besser, als viele denken: „Der große Feind der Biodiversität ist weniger die Bauindustrie als vielmehr die industrielle Landwirtschaft, daher kommt diesem Raum durchaus Bedeutung zu“, meint der Architekt.

Beim Konzept „Urban Wildling“ wird ein hoher Baukörper erschlossen, unter dem die Fläche verwildern kann.
Beim Konzept „Urban Wildling“ wird ein hoher Baukörper erschlossen, unter dem die Fläche verwildern kann.Rendering: Smartvoll Architekten

Er hat diesen Gedanken inzwischen mit einem größeren Projekt weitergesponnen: dem „Urban Wildling“, das für den Erhalt großer innerstädtischer Brachflächen gedacht ist. Auf verhältnismäßig kleinem Fuß und durch Stege erreichbar, wird ein hoher Baukörper erschlossen, unter dem die Fläche verwildern kann.

»‚Wow, alles used.‘ Seitdem ist das in Dänemark der letzte Schrei«

Anders Lendager

Architekt

Dänischer Architekt baut Luxusimmobilie in „schäbigem“ Look

Auf wie viel Zuspruch auf den ersten Blick wenig luxuriöse Bauten stoßen können, zeigt ein Beispiel des dänischen Architekten Anders Lendager. Er ist dafür bekannt, ausschließlich mit alten Bauteilen zu bauen. Und das nicht in kleinem, sondern in großem Maßstab, weshalb er das Ansinnen eines reichen Dänen, dessen Privathaus zu bauen, zunächst auch ablehnte. „Letztendlich hat er doch zugestimmt und das Haus aus ganz alten Hölzern und in einem ‚schäbigen‘ alten Look gebaut, der gerade durch diese Patina schön war“, berichtet Buxbaum. In das der Bauherr dann stolz seine ebenfalls reichen Freunde eingeladen hat, „und die Resonanz war: ‚Wow, alles used.‘ Seitdem ist das in Dänemark der letzte Schrei“, weiß der Architekt.

London: Kaserne wird zur Luxusimmobilie mit Platin-LEED-Zertifizierung

Auch ein Blick auf absolute ­Highend-Entwicklungen an klassischen Toplagen zeigt: Das Bewusstsein der wirklich kaufkräftigen Klientel für nachhaltige Architektur wächst. So adaptiert das Londoner Projekt „Chelsea Barracks“ mitten im Stadtteil Belgravia zwar eine ehemalige Militärkaserne, ist aber von jeder Art Shabby Chic weit entfernt. Sondern strahlt vielmehr extreme Gediegenheit aus – was es bei Kaufpreisen von umgerechnet mehr als 48 Millionen Euro für ein Townhouse auch sollte. Weitaus größer als das edle Design und die entsprechende Wohnqualität der Einheiten werden hier allerdings die Nachhaltigkeitsaspekte kommuniziert: von den großen Grünflächen – sie stellen über 40 Prozent der 50 Hektar – bis hin zur Platin-LEED-Zertifizierung, die international höchste Nachhaltigkeitsstandards garantiert.


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