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Warum gibt es eigentlich keine Schuldenkleber?

Archivbild: Reste einer Klebe-Aktion der „Letzten Generation“.
Archivbild: Reste einer Klebe-Aktion der „Letzten Generation“.REUTERS/Lisi Niesner
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Es liegt in der Natur einer alternden Gesellschaft mit Kurzfristdenkern an der Spitze, dass Junge machtpolitisch das Nachsehen haben. Das führt mitunter zu Protest – der letztlich das schiefe Bild einer Generation zeichnet, mit der sich wohl ganz gut Einvernehmen herstellen ließe.

Wer auf der Suche nach Belegen dafür ist, nach wem sich politische Entscheidungen hierzulande grosso modo ausrichten, der hat mit dem zwölf Kilo schweren Budgetbericht, den ÖVP und Grüne vergangene Woche vorgelegt haben, eine ganz gute Argumentationsbasis zur Hand. Obwohl die Regierung eigentlich vorgehabt hätte, die Auszahlungen langsam wieder gen Normalität zu bringen, wurden ob der hohen Inflation die jüngsten Ausgabenrekorde noch einmal pulverisiert, die Neuverschuldung dürfte sich mit rund 20 Milliarden Euro in Coronasphären bewegen. Überhaupt wird 2024 mehr Geld ausgegeben als im Coronajahr 2020, in dem Betriebe geschlossen und mit Steuergeld aufgefangen werden mussten. Tendenz steigend, wie der mehrjährige Finanzrahmen zeigt. Allein die Zinszahlungen auf die Schulden des Staates belaufen sich im kommenden Jahr auf rund zehn Milliarden Euro.

Großer Treiber im Budget sind die Pensionsausgaben, die aus Zuschüssen in die gesetzliche Pensionsversicherung sowie Ausgaben für Beamtenruhestände bestehen. Ein Viertel des Budgets ist dafür vorgesehen, also mehr als doppelt so viel wie für Bildung oder knapp fünfmal so viel wie für Wissenschaft und Forschung. Gegen den Anstieg wurde seit 2004 kaum etwas getan, eher im Gegenteil.

Weit weg von Babyboomer-Erwerbskarrieren

Und parteipolitisch ist das an sich auch nachvollziehbar: Mit Jungen gewinnt man nämlich keine Wahlen, mit Einsparungen im Pensionssystem verliert man sie dafür ziemlich sicher. Eine Verjüngung der politischen Elite verheißt da noch nicht zwingend Veränderung: Auch der nach Lebensalter jüngste Regierungschef dieses Landes, Sebastian Kurz, hat einst zusätzliche Pensionserhöhungen just für jene, die wenig ins System eingezahlt haben, veranlasst, die selbst rote Altvordere vor Neid erblassen ließen. Vor dem Einzug ins Kanzleramt gehegte Pensionsreformpläne – „jeder, der rechnen kann, weiß, das wird sich auf Dauer nicht ausgehen“, sagte er noch 2017 – waren rasch vergessen. In ähnlicher Geschwindigkeit verhallen Warnungen wie jüngst vom Rechnungshof oder von IHS-Chef Holger Bonin, laut dem das System – und damit ein zur Disposition stehender Generationenvertrag – angesichts steigender Lebenserwartung und „knapp werdendem Nachwuchs am Arbeitsmarkt“ ohne Reformen letztlich „nicht stabil“ sei. Das wäre auch aus Sicht der Älteren nicht unplausibel: Allein schon damit Junge angesichts ihrer im Schnitt längeren Ausbildungsdauer überhaupt in die Nähe der Erwerbskarrieren der Babyboomer kommen, müsste man am Antrittsalter drehen.


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