Bis heute fasziniert die Musik der Kastraten. Aktuell feiern die tragischen Figuren ein Comeback, wobei sich ihre Interpreten als „authentische Erben“ inszenieren.
Ihre Stimmen waren engelsgleich, die Operationen bestialisch. Unzählige Buben wurden in Italien und dem deutschsprachigen Raum im Namen der Kunst entmannt. Mit dem aus der Kastration entstandenen übermenschlichen Lungenvolumen und der Koloraturfähigkeit des klein gebliebenen Kehlkopfs versetzten sie ihr barockes Publikum geradezu in Euphorie. Ein hoher Preis, der bezahlt wurde, um im Operngesang etwas zu erreichen, das zuvor noch nie erreicht wurde. Händel, Gluck und sogar Mozart komponierten für die Ausnahmesänger, die große Erfolge im 17. und 18. Jahrhundert feierten, bevor es mit dem aristokratischen Ideal einer „veredelten Männlichkeit“ mehr und mehr bergab ging.