Etwas mehr Fantasie bei der Stadtgestaltung würde Wien guttun.
Bücher, Menstruationsartikel oder Schnitzelgutschein, die Stadt Wien verteilt gern gratis Dinge. Manche davon sind durchaus sinnvoll, andere wirken dann doch verdächtig wie nachlässig verpackte Wahlzuckerln. Am Freitag und nächsten Dienstag gibt es wieder etwas – diesmal sind es Pflanzen. Genauer gesagt: Hecken. Salweide, Weißdorn, Faulbaum und Hundsrose werden an zwei U-Bahn-Stationen an Wiener mit Hauptwohnsitz in der Hauptstadt (und idealerweise einem Garten) verteilt. Ein Beitrag für die Artenvielfalt, heißt es, sind doch die Blüten und Früchte der genannten Sträucher besonders wertvolle Nahrungsquellen für Bienen, Falter und andere Insekten.
Das ist ja sicher alles gut gemeint. Den Wiener Vorstadt- und Kleingärten schadet ein bisschen Auflockerung in den Thujen- und Buchsbaumhecken bestimmt nicht. Zumal es um die Artenvielfalt bekanntlich dramatisch schlecht steht und jeder zusätzliche Strauch bitter nötig ist. Der große Wurf wird mit der Verteilaktion aber nicht gelingen, sie reiht sich damit in den Maßnahmenreigen ein – ein Wasserspiel hier, drei neue Bäume da –, der die große Vision der selbsternannten Klimamusterstadt weiterhin vermissen lässt.
Visionen von einer wirklich grünen Stadt kann man sich dieser Tage per Mausklick holen. Etwa auf der Plattform viennablooming.com, auf der zwei Raumplaner mittels KI-generierten Bildern die Stadt zum Blühen bringen. Plötzlich sieht man ein Biotop vor dem Parlament, den Heldenplatz voller Rosen und den Getreidemarkt als Fußgängerzone. Auf der Website dutchcyclinglifestyle.com kann man sogar seine eigene Wohnadresse, egal wo auf der Welt, ergrünen lassen und fahrradfreundlich gestalten (übrigens eine geniale Marketing-Idee des holländischen Tourismusbüros).
Auch wenn manches davon wohl Utopie bleibt, mit etwas mehr Fantasie über Hecken hinauszublicken würde auch der Wiener Stadtverwaltung guttun.
E-Mails an: teresa.wirth@diepresse.com
>> Zur Hecken-Aktion der Stadt Wien (Anmeldung beendet, Kontingent schon ausgeschöpft)