Mexikanische Forscher präsentieren eine Arbeit, laut der Kiffer sich bei Psychotests als einfühlsamer erwiesen. Auch Hirnscans sollen dafür sprechen.
Es gehört zur Folklore von Kiffern, dass sie behaupten, der Cannabiskonsum steigere ihr Einfühlungsvermögen. Forscher um Victor Olalde-Mathieu (Universidad Nacional Autónoma de México) berichten nun im „Journal of Neuroscience Research“ über eine Studie, die das zu bestätigen scheint. Sie ließen zunächst 85 regelmäßige Cannabiskonsumenten und 51 abstinente Kontrollpersonen einen standardmäßigen Psychotest ausfüllen, der misst, wie gut ein Mensch sich in die Perspektive einer anderen Person versetzen und deren Gefühle nachvollziehen kann. Dabei schnitten die Kiffer signifikant besser ab.
Ein zweiter Teil des Experiments – an ungefähr zwei Dritteln der Teilnehmer – weist auf eine physiologische Basis dieses Unterschieds: Die Cannabiskonsumenten zeigten bei Gehirnscans höhere Konnektivität zwischen Arealen, die mit Empathie und Emotionen zu tun haben, verstärkt sind etwa Verbindungen, die vom anterioren cingulären Cortex ausgehen. Dieser Befund passt dazu, dass in diesem Areal besonders viele Rezeptoren für Cannabinoide sind, und zwar für von außen zugeführte wie auch für körpereigene (Endocannabinoide). Dass Cannabis wirken kann, liegt ja daran, dass es an solche Rezeptoren andocken kann.
Eine ähnliche Studie hat das Team um Olalde-Mathieu übrigens vor einiger Zeit an Psychotherapeuten gemacht: Auch diese erwiesen sich als – im Durchschnitt – mitfühlender als Vergleichspersonen, und auch bei ihnen zeigten sich entsprechende Unterschiede in der Hirn-Physiologie.
Marihuana in Mexiko ist eher schwach
Wie bei solchen Studien üblich, ist allerdings eine umgekehrte Kausalität nicht auszuschließen: Es könnte auch sein, dass Menschen, die empathischer sind, eher zum Konsum von Cannabis tendieren. Das räumen auch die Forscher ein. Und sie betonen, dass das Marihuana, das in Mexiko – wo die Testpersonen leben – verbreitet ist, deutlich schwächer ist (zwei bis zehn Prozent THC) als etwa in den USA.
Dass die psychoaktiven Auswirkungen von THC durchaus nicht nur positiv sind, zeigen etliche Studien, die etwa belegen, dass Cannabiskonsum psychotische Symptome, vor allem Paranoia, auslösen kann. Trägheit sowieso. Dennoch meint Olalde-Mathieu, dass seine Ergebnisse „ein aufregendes neues Fenster öffnen“, nämlich dafür, Cannabis für Behandlungen von Menschen mit psychischen Störungen wie Soziopathie einzusetzen. Natürlich erst nach weiteren Studien.