Staatshaushalt

Heimische Schuldenwächter fürchten sich vor Wahlzuckerln

Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt sieht wenig Ambition in der Politik, den heimischen Staatshaushalt in Ordnung zu bringen.
Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt sieht wenig Ambition in der Politik, den heimischen Staatshaushalt in Ordnung zu bringen.APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Fiskalrat prognostiziert zwar für heuer und 2024 ein sinkendes Budgetdefizit. Der Schuldenstand bleibt aber zu hoch. Und der Wahlkampf sowie der Finanzausgleich bereiten den Wächtern der Staatsschulden Sorgen.

Wien. Österreich schafft es heuer nach drei Jahren erstmals wieder, das Budgetdefizit unter den Maastricht-Wert von drei Prozent zu drücken. Das ist die positive Nachricht, die der Fiskalrat in seinem Budgetausblick am Mittwoch mitteilen konnte. Das war es dann aber auch schon wieder, so Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt. Denn sowohl der absolute Schuldenstand als auch das strukturelle Defizit seien nach wie vor viel zu hoch. Und der kommende Wahlkampf sowie die Grundsatzeinigung, wonach die Länder im Rahmen des Finanzausgleichs mehr Geld vom Bund bekommen, bereiten den Schuldenwächtern Sorgen.

Zwar rechnet der Fiskalrat in seinen Berechnungen mit deutlich niedrigeren Ausgaben als das Finanzministerium, weshalb das vom Fiskalrat erwartete Defizit mit 2,5 Prozent heuer und 2,3 Prozent 2024 unter der Prognose des Ministeriums liegt, das für beide Jahre ein Minus von 2,7 Prozent erwartet. Grund für diese optimistischere Erwartungshaltung ist aber, dass die jüngste Grundsatzeinigung zwischen Bund und Ländern zwar ab Jänner 2024 mehr Geld Pflege, Gesundheit oder Kinderbetreuung in den neun Bundesländern vorsieht, dieses Geld nach Ansicht des Fiskalrates aber nicht sofort in vollem Ausmaß fließen werde.

PW

Budgetierte Ausgaben

„Die Maßnahmen werden nur zeitverzögert umgesetzt werden können und daher sollte das Geld auch nur zeitverzögert fließen“, so Badelt. Zudem seien darin auch zusätzliche Transfers für Ausgaben enthalten, die von den Ländern derzeit gedeckt werden, ohne dass diese dadurch Defizite schreiben müssen. Das bringe wiederum jedoch Spielraum für zusätzliche Ausgabenpakete. „Wir gehen in unseren Berechnungen allerdings von einem No-Policy-Change-Annahme aus“, so Badelt weiter. Die Frage sei also, ob die Länder das Geld nun doch für etwas anderes verwenden. Vor allem hinsichtlich der Tatsache, dass das Finanzministerium diese Ausgaben ja auch bereits voll budgetiert hat. „Das ist ein Punkt, auf den wir als Fiskalrat hinweisen müssen“, so Badelt.

Aber nicht nur von den Ländern könnte es zusätzliche ungeplante Ausgaben geben. Auch im Bund sei dies in einem Wahljahr leider eine Gefahr für die Staatsfinanzen, wie die Vergangenheit schon öfters gezeigt habe. „Das Finanzministerium errechnet in seinem Budget maximale Planwerte, die keinesfalls überschritten werden sollen“, so Badelt. Dadurch ergebe sich eigentlich ein Spielraum. „Aber wie wird dieser Spielraum realisiert werden? Das macht uns Sorgen“, so der Fiskalrats-Präsident.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang zudem, dass das Finanzministerium bei seiner Einnahmenschätzung wiederum wesentlich optimistischer ist als der Fiskalrat. Sowohl bei den direkten Steuern wie Körperschaftsteuer und Einkommenssteuer als auch bei den indirekten Steuern wie der Umsatzsteuer rechnen die Beamten des Ministeriums mit höheren Einnahmen. Warum das so ist, kann man beim Fiskalrat auch nicht erklären, es dürfte mit unterschiedlichen „Annahmen“ zusammenhängen, wie sich die vom Wifo prognostizierte Wirtschaftsentwicklung auf die Steuerleistung auswirkt.

Allerdings liege darin durchaus eine „Sprengkraft“, so Badelt. Rechnet man nämlich die niedrigeren Einnahmen-Schätzungen des Fiskalrates und die höheren Ausgaben-Prognosen des Finanzministeriums zusammen, dann ergäbe das für heuer ein Budgetminus von drei und 2024 von 3,2 Prozent. Die Maastricht-Defizit-Grenze würde somit auch in diesen beiden Jahren überschritten werden.

Das Grundproblem sei daher weiterhin ein zu hohes strukturelles Defizit. Denn auch wenn die Wirtschaft heuer in eine Rezession schlittert, liege die „zyklische Komponente“ im staatlichen Minus inzwischen nur mehr bei 0,3 Prozent. „Die konjunkturelle Lücke ist nahezu geschlossen“, so Badelt. Die expansive Ausrichtung des Budgets sei daher „nicht zu begründen“. Und auch wenn ein ausgeglichenes Budget so kurz nach Corona- und Energiekrise wahrscheinlich noch nicht machbar gewesen sei, „wäre es möglich gewesen, einen deutlichen Pfad in diese Richtung zu beschreiten“. Dazu hätte man jedoch nicht gleichzeitig die Einnahmenbasis etwa durch die Abschaffung der Kalten Progression reduzieren und die Ausgaben etwa durch die Anhebung von Familien- und Sozialleistungen erhöhen dürfen.

Pensionen und Zinsen

Die Vorgaben für den Finanzminister der nächsten Regierung seien somit alles andere als einfach, zieht der Fiskalrats-Präsident sein Resümee. Denn bei hohen strukturellen Defiziten führe jegliche politische Weichenstellung, die mit zusätzlichen Ausgaben verbunden ist, sofort zu einer Überschreitung der Maastricht-Grenzen.

Dies, wo ohnehin in wichtigen Positionen wie Pensionen oder Zinsen die kommenden Jahre steigende Ausgaben bringen werden. So werden die Pensionsausgaben im Verhältnis zum BIP langfristig – also bis 2070 – zwar nicht aus dem Ruder laufen. In den kommenden Jahren bis 2030 sei allerdings ein deutlicher Anstieg zu erwarten. Und auch bei den Zinszahlungen dürfte es vor allem nach oben gehen. Diese liegen heuer mit einem Wert von 1,1 Prozent des BIP auf einem „historischen Tiefststand“. Und auch wenn die stark gestiegenen Marktzinsen aufgrund der Restlaufzeit der Anleihen von durchschnittlich elf Jahren wohl nur langsam im Budget zu spüren sein werden, ist auch aus dieser Punkt mehr Druck zu erwarten.


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