Ty Segall, der Kalifornier, der alle Genres beherrscht, plädiert in „My Room“ fürs Daheimbleiben. Doch die Gitarre spricht dagegen.
Ty Segall: »My Room«. Alles Unheil komme nur davon, dass die Menschen nicht in Ruhe in ihrem Zimmer sitzen können, befand Blaise Pascal. Auch im Pop ist diese Haltung verbreitet, man denke nur an „In My Room“ von den Beach Boys. Wobei diese Idylle oft etwas Zweifelhaftes hat, man hört sozusagen die Depression dräuen und drohen. Auch bei Ty Segall, der es nicht aus seinen vier Wänden heraus schafft, denn: „Out there I am nothing. I am something in my room.“ So (scheinbar) gelassen er diesen eskapistischen Lobgesang vorträgt, die elektrische Gitarre – die er wohl selbst spielt – gibt einfach keine Ruhe. Bald kreischt sie süßsauer, bald dröhnt sie entschlossen, als wollte sie sagen: Das Leben ist anderswo. Im ausführlichen Solo zerrt sie dann so sanft und zugleich rastlos an den Nerven, wie einst Eric Clapton in „While My Guitar Gently Weeps“ von den Beatles tat. So wirkt der Song aufregend paradox: Das Heim, das derartig gepriesen wird, hat etwas Unheimliches.

Den Song zum Sonntag küren allwöchentlich Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter („Die Presse“) sowie Michaela Pichler, Lisa Schneider und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und www.fm4.ORF.at.