Sturm auf das Kapitol

QAnon-Schamane will bei US-Kongresswahl antreten

Jacob Chansley, auch bekannt als Jake Angeli, war einer der Ersten, die das US-Kapitol im Jänner 2021 stürmten. Nun soll er sich von QAnon und auch von Donald Trump losgesagt haben.
Jacob Chansley, auch bekannt als Jake Angeli, war einer der Ersten, die das US-Kapitol im Jänner 2021 stürmten. Nun soll er sich von QAnon und auch von Donald Trump losgesagt haben.Jim Urquhart
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Bilder des Mannes mit dem bemalten Gesicht und dem gehörnten Fellhut im US-Kapitol gingen am 6. Jänner 2021 um die Welt. Er wurde später zu 41 Monaten Haft verurteilt und plant nun offenbar eine politische Karriere – bei den Libertären.

Der Name Jacob Chansley ist möglicherweise nicht jedem USA-Politik-Beobachter sofort ein Begriff, Chansleys Bild vom 6. Jänner 2021 im US-Kapitol aber vermutlich schon. Chansleys auffällige Kostümierung samt Gesichtsbemalung in den US-Farben sorgte für die notwendige Aufmerksamkeit. Sein selbst gewählter Spitzname QAnon-Shaman tat sein Übriges. Der Anhänger von Donald Trump hinterließ auf dem Podium des Sitzungssaals eine handgeschriebene Notiz, dass der damalige Vizepräsident, Mike Pence, geflohen sei, als sich der Aufstand während der Auszählung der Wahlleute für die Präsidentschaftswahl 2020 abspielte. „Es ist nur eine Frage der Zeit“, hieß es in der Notiz. „Justice is coming!“ („Gerechtigkeit kommt!“)

2021 bekannte sich Chansely der Beteiligung an den Unruhen schuldig und wurde später zu 41 Monaten Gefängnis verurteilt. Nun plant er offenbar eine politische Karriere. Nicht bei den Republikanern von Donald Trump, dessen Ablöse damals im Jänner 2021 durch den Sturm auf das Kapitol verhindert hätte werden sollen, sondern bei den Libertären.

Jacob Chansley will sich um einen Sitz im US-Kongress bewerben, genauer gesagt um den Sitz im 8. Kongressbezirk von Arizona. Bisher vertritt Debbie Lesko diesen Wahlkreis, doch die 64-jährige Republikanerin hatte letzten Monat bekannt gegeben, dass sie sich im Jänner 2025 - nach dann sieben Jahren im Amt - aus der Politik zurückziehen wird.

Jacob Chansley wurde vorzeitig aus der Haft entlassen

Chansley ist im März 2023 aus der Haft entlassen worden – nach 27 Monaten. Er lebt nun in Phoenix, Arizona. Von der QAnon-Bewegung hat er sich inzwischen distanziert. Mit im Büro des Außenministers von Arizona eingereichten Unterlagen zur Interessenbekundung des Kandidaten identifizierte er sich als Jacob Angeli-Chansley. Die US-Verfassung verbietet es Straftätern nicht, Bundesämter zu bekleiden. Aber das Gesetz von Arizona verbietet Straftätern das Wählen, bis sie ihre Haftstrafe verbüßt haben und ihre Bürgerrechte wiederhergestellt wurden.

E-Mails der Nachrichtenagentur AP an Chansley und seinen Anwalt mit der Bitte um Stellungnahme zu seinen politischen Absichten blieben am Sonntag unbeantwortet. Die Libertarian Party wurde 1971 gegründet. Sie tritt für eine möglichst geringe Rolle des Staats und eine weitgehend freie Marktwirtschaft ein. Gleichzeitig ist sie für eine liberale Drogen- und Migrationspolitik und stellt sich immer wieder gegen US-Militärinterventionen im Ausland. (red.)

Was sind QAnon und der angeblich „tiefe Staat“?

QAnon ist die Bezeichnung für eine komplexe Verschwörungserzählung, die 2017 in den USA ihren Anfang genommen hat. Damals begann ein Nutzer mit dem Pseudonym Q auf einer Internetplattform, auf der man anonym und ohne Einschränkungen Beiträge posten kann, Geheiminformationen über vermeintliche Kriminelle aus Politik, Finanzwesen und Showbusiness zu veröffentlichen. Seither geht es bei QAnon etwa um angebliche Pädophile und Kannibalen in den höchsten Machtzentralen.

Integraler Bestandteil der Bewegung ist die Erzählung von einem angeblichen „tiefen Staat“ („Deep State“). Darin versteckt sich die Idee, hinter politischen Entscheidungen stünden geheime Mächte, die nicht demokratisch legitimiert seien. Die eigentliche Kontrolle habe eine angeblich verborgene „Elite“ in höchsten Regierungsämtern und gesellschaftlichen Positionen.

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