Imperien, kolossale Bauwerke und gesellschaftliche Organisationsformen entstanden, als der Mensch das Feuer entdeckt und die Sklaverei erfunden hatte. Peter Sloterdijks Essay über die Spirale der Ausbeutung.
Wir wollen wissen, wann und wie etwas begonnen hat, also zum Beispiel, wann das Verhältnis des Menschen zu seinem Habitat, der Erde, in eine Schieflage geraten ist. Die Antwort, die Peter Sloterdijk in seinem Essay gibt, ist verblüffend (und) einfach: mit den Anfängen menschlicher Zivilisation.
Die These ist nicht ganz neu. So hat vor beinahe dreißig Jahren der Soziologe und Norbert-Elias-Schüler Johan Goudsblom, der bei Sloterdijk erstaunlicherweise keine Erwähnung findet, in seiner kenntnisreichen Studie „Die Entdeckung des Feuers“ eine historische Verbindung zwischen Feuer und ökologischer Krise hergestellt. Mit Gaston Bachelards Abhandlung „Psychoanalyse des Feuers“ liegt überdies ein klassisches Werk vor, das anschaulich macht, welche zentrale Bedeutung das Feuer für die kulturelle Evolution des Menschen besessen hat.
Manipulation von Nahrungsmitteln
Aber Sloterdijks dichtes essayistisches Feuerwerk zielt in eine andere Richtung. Anders als Bachelard und Goudsblom interessiert ihn nicht so sehr, wie ein Naturphänomen zu einem zentralen Movens menschlicher (Selbst-)Entwicklung wurde, sieht er das Feuer doch als energetische Urform, die im Bund mit der zielgerichteten Tätigkeit des Menschen, der Arbeit, nach und nach, über viele Tausende von Jahren gerechnet, Mensch und Natur verändert hat. Sloterdijk greift dabei auf eine Definition in Marx’ „Kapital“ zurück, in der Arbeit als „Prozess zwischen dem Menschen und der Natur“ bestimmt wird, als Stoffwechsel, bei der Mensch seine natürliche Körperlichkeit, Arme und Beine, Kopf und Hand als Instrument einsetzt. Das Feuer steht metonymisch für eine Form von Energie, die die Wirksamkeit des Stoffwechsels mit der Natur intensiviert und potenziert, etwa bei der Manipulation von Nahrungsmitteln, wie Sloterdijk ausführt. Zentraler scheint mir, dass mithilfe dieser Energie Leben und Wohnen in kalten Regionen und in unwirtlichen Jahreszeiten reguliert und damit verbessert werden kann.