Teil 43 von 52
… was bisher geschah: Im Supermarkt treffen unsere Protagonisten vom Lieferdienst Wien erneut aufeinander. Das Liebesdreieck ist komplett, das Warndreieck aufgestellt, die Warnwesten leuchten zitronengelb.
Herr Stefanov ist in seinem Leben viele Kilometer gefahren. Von Bulgarien ist er damals nach Österreich gekommen, um zu studieren. Das ist schon etwas länger her. Physik, Chemie, Medizin haben seiner Familie vorgeschwebt. Der Sohn wird einmal viel Geld verdienen im Ausland. Herr Stefanov hat dann neben dem Studium begonnen, in Wien Taxi zu fahren. Je mehr Taxi, desto mehr Geld, desto weniger Studium. So ist es mit der Physik, der Chemie und der Medizin nicht viel geworden, dafür umso mehr mit dem Fahrpreis auf dem Taxameter. Herr Stefanov hat gut verdient, es waren die goldenen Jahre der Taxifahrer. Die Konzessionen waren auf ein Kontingent begrenzt, man musste die Straßennamen noch auswendig kennen, und die Fahrgäste haben großzügig Trinkgeld gegeben. Über Uber musste sich keiner beschweren.
Als es dann mehr wurde mit den Taxis und weniger mit der Ortskenntnis der Taxifahrer, als die Navis die Ortskenntnis ersetzten und regelmäßig ausfielen, als plötzlich dreimal so viele Autos auf den Straßen waren, der Markt freier wurde und Herr Stefanov unfreier, als er zudem dann begonnen hat, sich mit der Notwendigkeit von Klimaschutz und der Qualität von Atemluft auseinanderzusetzen, als sich außerdem zum soundsovielten Mal ein junger Mensch nach dem Ausgehen im Bermudadreieck in den Fond der Fahrgastzelle übergeben hat, hat Herr Stefanov mit dem Fahren für den Lieferdienst Wien begonnen. Anis war damals schon der Boss, aber er hat weniger Bossverhalten an den Tag gelegt. Manchmal hat er Herrn Stefanov um Rat gefragt, er wollte seine Meinung hören und von seiner Erfahrung profitieren. Herr Stefanov hat sich wertgeschätzt und gesehen gefühlt. In einer zitronengelben Arbeitsmontur fühlt man sich ja auch sehr gesehen.