Expedition Europa: Der 34-jährige Derk Boswijk ist ein alter Bekannter für mich. Seit er Spitzenpolitiker ist, antwortet er nicht mehr auf meine Mails.
Die christdemokratische CDA steuert bei den vorgezogenen niederländischen Parlamentswahlen am Mittwoch auf ein historisches Debakel zu. Die einstige Staatspartei, die traditionell auch die Bauernschaft vertrat, muss für die „Stickstoffpolitik“ büßen, die Tausende Bauernhöfe zum Schließen oder Reduzieren zwingt. Sechs Prozent wollen laut Umfragen die rebellische Bauern-Bürger-Bewegung wählen, 18 Prozent die christlich-soziale Neugründung „Neuer Gesellschaftsvertrag“ des aus der CDA geekelten Querkopfs Pieter Omtzigt.
Geert Wilders ist übrigens auch wieder da
Die Nr. 3 der CDA-Liste, der 34-jährige Derk Boswijk, ist ein alter Bekannter für mich. Wie das Buch „Henk, Ingrid en Alexander“ dokumentiert, besuchte der progressive Politiker Alexander Pechtold 2012 Wähler des Rechtspopulisten Geert Wilders und suchte sie bei ein paar Flaschen Wein zu bekehren. Boswijk war einer der Besuchten. Der damals 22-Jährige – eigene Firma, Schrank voller Anzüge, „Ich habe meine Chancen ergriffen“ – schätzte an Wilders die „Deutlichkeit“ gegenüber Muslimen. Er widersprach Petzolds Aufforderung, der Integration von Muslimen zwei Generationen zu geben: „Daran glaube ich nicht, ich mache jetzt schon die dritte Generation mit.“ Wilders ist übrigens auch wieder da, die Umfragen geben ihm zwölf Prozent und der CDA drei. Wenig später registrierte ich, dass Boswijk in die Politik gegangen war. Er stieg schnell auf, Regionalparlament Utrecht, Fraktionsvorsitz dort, nationales Parlament. Erstaunlicherweise wählte er die kreuzbrave CDA. Diese suchte heuer zwecks Halten ihrer ländlichen Wählerschaft einen Spitzenkandidaten fern der holländischen Agglomeration Randstad. Man fand den Randstad-Kleinstädter Boswijk und einen vor Wolkenkratzern posierenden Rotterdammer – und nahm den Rotterdammer.