In der Kulinarik-Branche sind nach wie vor fast nur Männer sichtbar. Die Gründe dafür reichen von den Strukturen bis zum Sexismus, wie etwa die Tiroler Gastronomin Katrin Steindl sagt.
Bei der Anekdote, die Katrin Steindl erzählt, kann man nur ungläubig den Kopf schütteln. „Traditionelle Tiroler Stammtischkultur oder Fine Dining: Dieser Familienbetrieb beherrscht beides“, steht in einem österreichischen Gourmetführer über den Unterwirt in Ebbs, den sie mit ihrer Schwester Sabrina führt. So weit, so korrekt. Doch dann kommt es: „Patron Edmund Steindl setzt als Slow-Food-Pionier auf Qualität ohne Kompromisse – das schmeckt man.“ – „Der Papa ist seit zehn Jahren in Pension“, sagt Steindl. „Sabrina und ich werden gar nicht erwähnt.“
Neue Plattform „Female Chefs“
Manchmal werden Frauen schlicht ausgeblendet: Das ist wohl ein Grund, warum in der österreichischen Kulinarikbranche fast nur Männer sichtbar sind. Woran es noch liegt, dass die Szene so stark von Männern dominiert wird, das diskutierte am Montag eine Runde um Karin Stöttinger: Die Kulinarikexpertin hat dieses Jahr die Plattform „Female Chefs“ gestartet, um Frauen in der Kulinarik vor den Vorhang zu holen und zu vernetzen. „Ich habe Anfang des Jahres ‚Köchin Österreich‘ gegoogelt“, erzählt sie. „Es gab genau zwei Treffer: Johanna Maier und Lisl Wagner-Bacher.“
Tatsächlich wird es an der Spitze dünn, was Frauen angeht, das zeigte vor wenigen Tagen auch die jüngste Ausgabe des Gault&Millau-Guides, bei dem man etwas blättern muss, bis man auf die erste ausgezeichnete Köchin stößt. „Man verliert sie irgendwo auf der Strecke“, sagt Spitzenkoch Andreas Döllerer.
Die Gründe dafür reichen von den Strukturen bis zum Sexismus. „In der Hotelfachschule ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass die Buben zum Fleisch geschickt werden und die Mädeln zum Gemüse und zum Salatwaschen“, sagt Sabrina Steindl. „Und die Mädchen und jungen Frauen sind immer noch einem zusätzlichen Druck ausgesetzt, dass sie immer noch eine von wenigen sind, das Gefühl haben, ein Stück besser sein zu müssen als ein Mann – und deshalb geht vielen dann vielleicht der Atem aus.“
Sexuelle Belästigung in der Küche
In den Küchen vielleicht noch stärker als in der Gastronomie allgemein. „Ich hab selbst Erfahrungen gemacht in so einem Betrieb, der war sehr hoch besternt“, erzählt Viktoria Fahringer, jüngste Haubenköchin Österreich im Tiroler Hof in Kufstein. „Es ist sehr unangenehm, wenn du als 17-Jährige sexuell belästigt wirst am Arbeitsplatz bei einem Praktikum, das du machst, damit du das Zeugnis kriegst – und nichts sagst, weil das Küchenklima halt so ist und das ist ja nur lustig. Das geht nicht spurlos an einem vorüber.“ „Wir sind da sehr streng“, sagt Katrin Steindl. „Wir sprechen das an und sagen: So wird bei uns nicht gesprochen, es gibt Verwarnungen, da zeigen wir ganz klar Kante. Und in den meisten Fällen gibt es dann auch eine aufrichtige Entschuldigung.“
Oft werden Restaurants von Paaren geführt, bei denen der Mann in der Küche und die Frau im Restaurant ist. „Wir haben für die Jeunes Restaurateurs versucht auf den Bildern die Paare abzubilden, weil mich das gestört hat, dass nur der Koch fotografiert wurde“, sagt Andreas Döllerer, der sein Restaurant und Wirtshaus gemeinsam mit seiner Frau Christl führt. „Ich habe aber auch beobachtet, dass das den Damen manchmal gar nicht so recht ist.“ Seine Frau dazu: „Ich bin nicht die, die das gerne macht. Das muss man sich ausmachen, wer das Gesicht nach außen ist. Ich hab auch erst seit gestern einen Instagramaccount.“

„Mir war es anfangs nicht wichtig, im Rampenlicht zu stehen“
Larissa Andres, die mit ihrem Partner Jonathan Wittenbrink das vegane Haubenrestaurant Jola in Wien führt – er in der Küche, sie im Service – sieht sich da in einer gewisse Verantwortung. „Mir war das anfangs auch nicht wichtig, im Rampenlicht zu stehen. Aber ich hätte mich gefreut, wenn ich eine Frau gehabt hätte, zu der ich aufschauen kann. Auch wenn ich den Trubel nicht brauche: Vielleicht gibt es da draußen Frauen, die ich damit erreiche. Deshalb ist es für mich wichtig, dass auch ich die Möglichkeit habe, über unser Konzept zu reden.“ Und nicht – wie bereits vorgekommen – spätestens aus dem finalen Artikel dann namentlich herausgestrichen zu werden.
Was sie sich von den Medien wünscht: „Nicht mehr die zehnte Kochstory mit einem Rezept und dem Koch dazu, sondern auch einmal eine Story aus dem Service, wir schaut ein perfekter Abend aus, was gehört dazu zu einem erfolgreichen Restaurant?“ Nicht zuletzt könnte das auch spannend sein, sagt Christl Döllerer: „Wir haben auch viele lustige Geschichten zu erzählen.“ Der Wunsch von Katrin Steindl ist noch ein Eck profaner: „Ich würde mir wünschen, dass in den Restaurantempfehlungen die richtigen Namen drinnen stehen.“ Denn die oben angeführte Anekdote sei keine Ausnahme.