Die WHO hofft, dass die Kliniken so lange wie möglich offen halten können. Man müsse aber vorbereitet sein. Die UNO berichtet indes, dass die Notunterkünfte im Süden überfüllt sind.
Im Gazastreifen haben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach dem Shifa-Krankenhaus zwei weitere Kliniken um Evakuierung gebeten. Es handelt sich um das indonesische Krankenhaus und das Al-Ahli-Krankenhaus, eine der ältesten Einrichtungen im Gazastreifen mit mehr als 140-jähriger Geschichte, sagte ein WHO-Sprecher am Dienstag in Genf.
Nach der Rettung von 31 Frühgeborenen aus dem schwer beschädigten Shifa-Krankenhaus am Wochenende arbeitet die WHO weiter mit Hochdruck daran, die dort verbliebenen Patientinnen und Patienten zu retten. Für mehr als 50 Menschen mit Rückenmarksverletzungen und rund 20 Dialysepatientinnen und Dialysepatienten seien spezialisierte Krankenwagen nötig, sagte der WHO-Sprecher. Ebenso brauche es Sicherheitsgarantien der Kriegsparteien Hamas und Israel, damit die Konvois mit den Krankenwagen nicht unter Beschuss geraten.
Die WHO versuche, wo immer möglich, Krankenhäuser zu unterstützen und offenzuhalten, weil sie für viele Kranke und Verletzte in der Stunde der Not die letzte Zufluchtsmöglichkeit seien. Im nördlichen Gazastreifen sie die Lage aber so dramatisch, dass dies kaum noch möglich sei.
Israel lässt Jabalya räumen
Im Gazastreifen sind am Montag nach Schätzungen weitere 25.000 Menschen aus dem Norden in den Süden geflohen. Tausende müssten trotz starker Regenfälle im Freien kampieren, weil die Notunterkünfte im Süden überfüllt seien, berichtete das UNO-Nothilfebüro OCHA am Dienstag. Viele hätten sich mit ihrem wenigen Hab und Gut vor und neben den Zufluchtsorten niedergelassen, in der Hoffnung, dort wenigstens einigermaßen sicher zu sein und Nahrungsmittel und Trinkwasser zu bekommen.
Am Dienstag forderte Israels Armee die Bewohnerinnen und Bewohner mehrerer Viertel der umkämpften nördlichen Städte Gaza und Jabalya erneut zur Räumung ihrer Häuser auf. Bis 16 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ) sollten Anrainerinnen und Anrainer zu ihrer eigenen Sicherheit in den Süden fliehen, twitterte ein Sprecher der Armee am Dienstag auf Arabisch. Zivilistinnen und Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas an der Flucht gehindert würden, könnten sich per Telefon oder über die Plattform Telegram an die israelische Armee wenden, hieß es.
Norden des Gazastreifens weitgehend unter Kontrolle
Die Armee kündigte zudem eine vierstündige „taktische“ Pause „der militärischen Aktivitäten“ in einem Stadtteil von Rafah im Süden des Gazastreifens aus humanitären Gründen an. In der Gegend liegt auch der Grenzübergang nach Ägypten.
Das israelische Militär hat in der nördlichen Hälfte das Gazastreifens nach wochenlangen Bombardierungen und dem Einmarsch mit Panzern weitgehende Kontrolle. Es kämpft dort nach eigenen Angaben gegen Kämpfer der Hamas. Tausende Wohnhäuser wurden zerstört. Israel fordert die Einwohnerinnen und Einwohner seit Wochen auf, in den Süden zu ziehen. Nach Schätzungen der palästinensischen Statistikbehörde befanden sich Ende vergangener Woche noch 800.000 Menschen im Norden. Seitdem sind Zehntausende täglich an israelischen Militärposten vorbei in den Süden geflohen. (APA/dpa)