Wiens Skyline Wien entlang der Donau, Nähe Reichsbrücke.
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Wien von oben

Wien und seine Hochhäuser

Wird ein Hochhaus in Wien gebaut, ist der Protest dagegen nicht weit. Das hat schon Prestigeprojekte zu Fall gebracht oder um lange Jahre verzögert. Eine Spurensuche von Köksal Baltaci, Martin Stuhlpfarrer, Mirjam Marits, Dietmar Neuwirth, Teresa Schaur-Wünsch Eva Winroither, Bernadette Bayrhammer und Marin Goleminov.

Die Beziehung zwischen Wien und Hochhäusern ist schwierig. Kaum ein Projekt, das nicht den erbitterten Widerstand von Anrainern auslöst – oder den Protest von Wienern, die Stadtbild oder Weltkulturerbe in Gefahr sehen. Wer in Wien ein Hochhaus baut, muss zahlreiche Einsprüche von Anrainern, Umplanungen des Projekts und massive Verzögerungen einkalkulieren.

Wobei Wiens erstes Hochhaus (ab einer Höhe von 35 Metern gilt ein Gebäude als Hochhaus) noch keine Proteste entfacht hatte – ganz im Gegenteil. Denn im baurechtlichen Sinn gilt der Südturm des Stephansdoms als erstes Hochhaus von Wien.

Grafik: Wo stehen Wiens höchste Bauwerke?

Derzeit gibt es rund 60 Hochhäuser in der Stadt. Das ist im europäischen Vergleich wenig. Hamburg hat 73 Hochhäuser, Berlin knapp 200. Den Grund dafür kann man beim Projekt am Heumarkt nachvollziehen. Im Jahr 2012 kaufte Wert-Invest das Gebiet des Hotels Intercontinental, um dort ein Projekt mit Bürotürmen umzusetzen. Es sollte seit sechs Jahren in Betrieb sein, Proteste und Diskussionen um das Weltkulturerbe verhindern das Projekt aber bis heute.

Geplant, protestiert, verhindert

Ähnliches passierte mit den geplanten Bürotürmen von Wien Mitte. Nach heftigen Protesten wurde der ursprüngliche Plan aufgegeben, es kam eine deutlich abgespeckte Variante – ebenso wie beim Komet-Hochhaus (jetzt: Vio Plaza) an der Schönbrunner Straße, dessen Höhe nach Protesten ebenfalls reduziert wurde. Die Liste lässt sich noch länger fortführen. Das führt zu der Frage: Wo dürfen in Wien überhaupt Hochhäuser gebaut werden und wo nicht? „Im aktuellen Hochhauskonzept aus dem Jahr 2014 sind Natur- und Landschaftsschutzgebiete als Ausschlusszonen definiert“, erklärt Andreas Baur von der MA 21 A. Dort dürfen also keine Hochhäuser entstehen. 2017 beschloss der Gemeinderat zusätzlich, im Welterbegebiet keine weiteren Hochhäuser mehr zu bauen. „Für das restliche Stadtgebiet gelten auch Einschränkungen, etwa bei mangelnder Verkehrserschließung oder Sichtachsen“, so Baur.

Das Projekt Heumarkt: Sinnbild des schwierigen Verhältnisses Wiens zu Hochhäusern.
Das Projekt Heumarkt: Sinnbild des schwierigen Verhältnisses Wiens zu Hochhäusern. Rendering: Nightnurse

Keine neuer Höhenrekord in Sicht

Definierte Hochhauszonen gibt es in Wien nicht. Allerdings wurde beschlossen, ab 1996 Hochhäuser vor allem in der Donau City im 22. Bezirk zu genehmigen. Das Gebiet, geprägt von zahlreichen Hochhäusern, beherbergt das höchste Gebäude Österreichs: Der DC Tower 1 misst bis zur Spitze 250 Meter. Und das dürfte nicht so bald überboten werden. Denn die aktuell schwierige Lage auf dem Immobilienmarkt schlägt sich auch bei den Hochhausprojekten nieder.

Als potenzielle Standorte gelten laut MA 21 A aber die „Waterfront“ im zweiten Bezirk, das Gebiet rund um den See in der Seestadt Aspern und das Areal beim Verteilerkreis im zehnten Bezirk. Bleibt die Frage, warum die Wiener den Hochhäusern so skeptisch gegenüberstehen? „Viele Menschen reagieren auf Veränderungen abwartend und zurückhaltend“, schätzt Baur. „Und Hochhäuser sind ein Sinnbild von Veränderung.“


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