Glosse: Krisenmanagement nach Pisa

Gehrer könnte sich ein Beispiel an Platter nehmen. Der meisterte die Heeresaffäre vorbildlich.

Wie krisenfest ist Bildungsministerin Elisabeth Gehrer? Sie könnte sich jedenfalls ein Beispiel an ihrem Ministerkollegen Günther Platter nehmen. Der behandelte die Affäre um Heeres-Foltervorwürfe letzte Woche vorbildlich: Suspendierung der Kommandanten, Entschuldigung bei den Grundwehrdienern, und das klare Wort "Null Toleranz gegenüber Übergriffen".

Gehrer hingegen ist durch "Pisa" schwer in die Defensive geraten. Dabei könnte sie die Krise als Chance nutzen. Denn jetzt hat sich ein Fenster geöffnet, das inhaltliche Schulreformen zuließe. Wenn Gehrer die alten Gusenbauer-Vorschläge noch vor der Weichspülkur durch seine Programm-Beauftragten hernehmen würde, ist sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat dafür denkbar. Das wären zum Beispiel: Ganztagsschulen - für Schüler und Lehrer - fünf Tage die Woche, Reform der Pädagogenausbildung, besser vernetzter Unterricht, verpflichtendes Vorschuljahr für Kinder mit Sprachdefiziten, Lehrer-Auswahl durch die Schulen. Viel schwieriger ist das mit der (von der SPÖ ohnehin nur verhalten geforderten) Systemumstellung auf eine Gesamtschule mit starker innerer Differenzierung - der Weg, den die Finnen vor Jahren einschlugen. Doch der logistische und finanzielle Aufwand wäre in Österreich wohl größer als der Effekt.

Fest steht, dass die Ministerin nichts zu verlieren hat: 2006 ist sie elf Jahre im Amt und wird wohl keine weitere Legislaturperiode mehr antreten. Nutzt sie die Pisa-Debatte nicht, dann verantwortet sie selbstverständlich die Konsequenzen: dass Österreich mit viel Geld nur Mittelmaß produziert. Tendenz sinkend.

martina.salomon@diepresse.com

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