Trash-Krimi: Ein Kopf in der Brunzrinne im Klowagen

Der Vollkoffer als Kommissar: Franzobels "Trash-Krimi".

Die Indizien sind eindeutig. Der Text trägt alle Wesensmerkmale eines Schundromans. Fäkalsprache, das Grelle, Comicartige der Sprachbilder, die Bebilderung selbst. Außerdem wird die geneigte Leserschaft bereits im Untertitel gewarnt. Von "Trash" ist da die Rede.

Nun kennen wir den Begriff Trash ja als Papierkorb, in den wir als PC-User unliebsame Mails verschieben. Um sie so auf ewig und immer zu entsorgen. Bei Trash-Literatur sind die Buchdeckel der Papierkorb. Auch gut. Aber lesen wir weiter. Einen Trash-Krimi haben wir vor uns. Und was ein Krimi sein will, braucht Tote und einen Kommissar. Der Kommissar heißt Hörgas Hörgas.

Der entpuppt sich alsbald als Vollkoffer (ein Doppelschas als Austrokoffer?). Er sauft, hurt, ist übergewichtig, ordinär und unbeweibt. Eine Art Bulle von der Donauinsel. Denn dort findet sich eine Leiche. Oder erst einmal ein abgetrennter Kopf. In der Popcornmaschine. Dann findet sich noch ein zweiter. In der Brunzrinne im Klowagen. Schauplatz ist der Zirkus Bluth, der da auf der Donauinsel seine Zelte aufgeschlagen hat.

Hörgas Hörgas, mitten aus seinen schönsten SM-Träumen gerissen, nimmt die Ermittlungen auf. Und kutschiert mit seinem Leichenwagen zum Zirkusgelände: "Er hatte beschlossen, die letzten Meter zu Fuß zu gehen." "Aber das hatte er nun davon, Hundekot, Scheißdreck!" "Schritt für Schritt versuchte er, die stinkende haselnussbraune Masse in die Wiese zu reiben, aber es half nichts, er hatte den Scheißgeruch schon in der Nase." Und wir, die Leser, mit ihm. Gnadenlos - verfolgt er uns bis zum bitteren Ende auf Seite 142. "Geh schleich di!", möchte man mit Hörgas' Standardspruch sagen. Der nimmt derweil den Zirkusdirektor fest.

Weitere Morde passieren. Und Hörgas muss seinen Hauptverdächtigen wieder freilassen. Der Zirkus zieht weiter. Nach Wörgl. Dort findet zugleich ein Hemingway-lookalike-Treffen statt. Und weil Humor von den Säften des Körpers (lateinisch: humores) bestimmt wird, kommt Hörgas nicht aus dem Saufen und Ficken heraus. Bis schlussendlich die ganzen Hemingways vom Himmel fallen, weil deren Flieger, mit dem sie zum nächsten Treffen nach Venedig weiter wollten, von einem Transporter in der Luft "abgeschossen" wird.

So weit. Sonett. So etwas kann man mögen. Oder gar originell finden. Literarisch kommt "Zirkusblut" halt als ziemlich dünne Suppe daher. Zugegeben: Manches, wie eben die Hemingway-Passage, hat Charme. Manchmal funkelt auch Poetisches durch: "Er blickte in den Sternenhimmel, der aussah wie hundert Wanderabzeichen auf schwarzem Samt."

Wie der Fall ausgeht, soll hier natürlich nicht verraten werden. Nur so viel konnte der Rezensent recherchieren: Als Autor zeichnet ein Herr Stefan Griebl verantwortlich. Der soll ja hierzulande - geh schleich di - schon einige treue Leser haben.

Franzobel: Zirkusblut. Ein Trash-Krimi mit Zeichnung und Liedern. Illustriert von Norbert Trummer. 150 S., geb., € 20 (Bibliothek der Provinz, Weitra)

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