Pensionsdebatte: Proteststurm in den eigenen Reihen

Die Regierung kommt wegen der Pensionsreform immer stärker unter Druck. Der Widerstand nimmt intern zu.

WIEN. Nach Gewerkschaften und Opposition wird nun immer deutlicher auch Kritik in den Reihen der Regierungsparteien laut. Am Donnerstag preschte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider mit Forderungen nach einem einheitlichen Pensionssystem mit gleichzeitiger Einführung von individuellen Pensionskonten bereits ab 2004 vor. Und auch die Wirtschaftskammer lehnt den Regierungsentwurf ab.

Haiders Vorschlag: Jene Ansprüche, die bis zur Einführung eines einheitlichen Systems erworben worden sind, sollen eingefroren und damit bewahrt werden. Sollte der vorgelegte Entwurf zur Pensionsreform nicht massiv geändert werden, "wird diese Koalition nicht lange Bestand haben", droht Haider der schwarz-blauen Koalition.

Vizekanzler Herbert Haupt stellte sich im Gespräch mit der "Presse" voll hinter den Vorschlag von Jörg Haider. Bis 2004 sollten alle Ansprüche erhalten bleiben. Haupt: "Der Kärntner Landeshauptmann will eine gesetzliche Terminisierung, dass dies den Menschen zur Kenntnis gebracht wird. Das will ich auch. Zu welchem Zeitpunkt diese Reform für jeden einzelnen dann greift, ist ein zweiter Schritt." Um den Entwurf zu versenden, müsse die Regierung noch ausführlich diskutieren, aber: "Am Ende des Tages wird die parlamentarische Mehrheit zu finden sein."

Haider hatte in einem Interview für das Ö 1-Morgenjournal erklärt, "im Grunde genommen sind alle Menschen gleich und sollen daher auch bei der Altersvorsorge gleich behandelt werden". In einer Aussendung ergänzte Haider, es gebe einen "Bunker von Privilegienrittern", und "draußen stehen die Gallier".

Auch die Wirtschaftskammer lehnt den vorgelegten Entwurf inzwischen ab. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (VP) meint: "Lieber die Reform verschieben und dann ordentlich beschließen." Und Reinhold Mitterlehner (VP), stellvertretender WK-Generalsekretär, fordert, das von der Regierung langfristig geplante Pensionskonto sofort einzuführen. Zum Entwurf meint er: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir kurzfristig derart dramatische Reformen brauchen."

Ein Pensionskonto (auf dem jeder Berechtigte zu jeder Zeit seinen Pensionsanspruch einsehen kann) würde, so Mitterlehner weiter, die soziale Gerechtigkeit erhöhen und wäre für jeden einzelnen verständlicher.

Kritik an der Pensionsreform kam am Donnerstag auch von den Kommunen. Dort befürchtet man, dass die geplanten Pensionskürzungen ab 2009 mit einem massiven Anstieg der Sozialhilfe - die ja zum Großteil von den Gemeinden bezahlt werden - einhergehen.

Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes, forderte, dass rasch exakte Berechnungen über die Kostensteigerungen durchgeführt werden. In einer ersten Abschätzung rechnet er mit einem Anstieg von zehn bis 30 Prozent. Der Bund dürfe jedenfalls die Gemeinden im Pflegebereich nicht alleine lassen, so Mödlhammer (siehe Seite 22).

Ablehnung kommt auch von den Grünen: Die Hektik sei "unangebracht und kontraproduktiv", meinte Sozialsprecher Karl Öllinger. Die Grünen verlangen nun - so wie die SPÖ (siehe Seite 10) -, den Entwurf komplett zurückzuziehen.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.