Nichts geht mehr: "Alles G'fraster, jeder füllt sich nur den Sack voll"

SP-Hochburg. In Floridsdorf, oben in Großjedlersdorf, wo "ma' imma a' Årbeiterbezirk wår", schwankt die Stimmung zwischen Mißtrauen und Verachtung für die Politik(er).

WIEN. Michaela friert. Sie zittert. "Alles G'fraster", dröhnt es _ am anderen Ende der Leine. "Alles G'fraster, die Politiker, die san ¥lle nix G'scheites." Michaela, die weiße Pudeldame, hat kurz aufgehört zu zittern. Wenn das Frauerl spricht, spitzt sie sicherheitshalber die Ohren.

Das Rot des vom Wind gebeutelten SP-Luftballons macht einen der wenigen Farbtupfer am grauen Himmel des Arbeiterbezirks aus. Floridsdorf, Wahlsprengel Deublergasse: Mehr als 70 Prozent der Leute haben letztes Mal SPÖ gewählt.

Das Frauerl von Michaela ist 68 und in Pension. Sie war Putzfrau. "Den Politikern" mißtraut sie. "Jeder füllt sich nur den Sack voll. Und mir Pensionisten kriegen zuwenig drauf. I' brauch kan Charly Blecha als Pensionisten-Chef _ mit dem sei'm Gehalt."

Josef Rohrer (52) ist Eisenbahner. Am linken Ohr trägt er eine kleine, goldene Lokomotive. "Sonst" hat er SPÖ gewählt. Diesmal "weiß i' absolut nicht, was i' wählen soll". Rohrer ist so wie Michaelas Frauerl am Weg zur "Hauptschule der Stadt Wien", Deublergasse 21. Dort ist das Wahllokal eingerichtet. Michaela darf nicht rein. "Jeder von de Politiker schaut nur für sich, ¥lles a Linke, die haben die Leut' ang'logen", sagt der Eisenbahner.

Vorbei an 60er-Jahre-Häusern, die von SP-Bürgermeister Franz Jonas errichtet wurden, führt der Weg des pensionierten Chemiearbeiters Hubert Fröschl (63). Er wählt wieder FPÖ und will, daß "Haider hoffentlich nicht dabei ist". Früher hat er SPÖ gewählt. Aber "das mit dem ,schuldenfrei` " gefällt ihm.

"Die Lage ist beschissen", sagt eine 62jährige, die "nur rot" wählt. Einmal war sie untreu. "Aber des w¥r a Schuß ins Blaue. Da Haider, wenn er zum Hussein f¥hrt, is' des a Horror."

Vor dem Caf© Elke steht eine Tafel: "Am Wahlsonntag geöffnet, Schweinsbraten, Reis und Salat 5 ?". Erst geht sie wählen, dann wird sie den Schweinsbraten essen - die Pensionistin, die "des Theater mit dem Haider schlimm" findet. "Ich denke, daß wir wieder Rot-Schwarz kriegen."

"Da Haider draht si' wia a Ringelspiel", sagt auch eine "zweifache Großmutter", die bereits im Wirtshaus sitzt. Haider hin, Haider her. "Der Grasser is' a guada Mann, tät' i' sag'n." - "Auch, wenn er jetzt als Verräter dasteht", findet Christine Altmann (51).

Der pensionierte Eisenbahner Franz Weis (74) findet das nicht. "Ich wähl die SPÖ. Ich hoff' auf den Gusenbauer, der Schüssel hat die Neuwahl provoziert." Andererseits: "Wenn's einmal drei Minister ausse haun, dann geht's nimma."


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.