„Es wird ein heißer Herbst!“

KULTURPOLITIK. Zorn bei Kunstinstituten über Budget. Streikdrohungen erneuert.

Wir sind schwer enttäuscht, dass auch im neuen Budget-Ansatz nichts für die Museen drin ist und im nächsten Jahr nur eine lächerliche Erhöhung“, sagte Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums nach der Budgetrede des Finanzministers am Donnerstag. Fünf Mio. € mehr für die Bundestheater, sechs Mio. € mehr für die Bundesmuseen und die Nationalbibliothek, beides erst 2008. 30 Mio. € waren gefordert für Museen und Staatsbühnen.

Bei den Staatsbühnen wurde zuletzt mit Streik gedroht. „Es wird ein heißer Herbst. Speziell die Orchester lassen sich das nicht mehr gefallen“, heißt es aus dem Betriebsrat der Bundestheater. Vor allem der Ausstieg der Philharmoniker aus dem Staatsopernorchester könnte nun ein virulentes Thema werden. Der VP ist womöglich jeder Wirbel recht, der während der Regierungszeit eines SP-Bundeskanzlers stattfindet? Das mutmaßt man düster in SP-Kreisen.

Finanzminister ist schuld

Aber auch Seipel sieht die Schuld an den mageren Erhöhungen weder bei Ministerin Claudia Schmied (S) noch bei ihrer Vorgängerin Elisabeth Gehrer (V): „Das liegt einzig und allein an der Budgetierung durch das Finanzministerium. In Berlin werden 135 Mio. € in die Museumsinsel investiert, 250 Mio. € in das Pergamon-Museum, 45 Mio. € gab es für das Grüne Gewölbe in Dresden. Ohne Sponsoren! Woanders weiß man, dass Kunstinstitutionen wesentlich sind für Imagepflege, Umwegrentabilität. Bei uns sind die Museen bloß ein Anhängsel. Autobahnen und Abfangjäger sind wichtiger als gesellschaftliche Selbstfindung.“ Die geplante Ausstellung von Meisterwerken aus den Vatikanischen Museen zum Papst-Besuch wird Seipel nun absagen.

„Wegen Fußball-Matches und Autobahnen kommen die Leute nicht nach Wien“, meint Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer sarkastisch. Die kommenden Gehaltsverhandlungen mit den Bediensteten bereiten ihm Sorgen: „Sie werden sehr schwierig“. Zum Thema Streik will er nichts sagen, aber: „Eine Null-Lohn-Runde würde auf jeden Fall als Provokation empfunden.“Das bestätigt auch Fritz Peschke, Zentralbetriebsratsvorsitzender der Bundestheater: „Wir sind ausgeblutet. Eine Null-Lohn-Runde kommt nicht in Frage. Dann gibt es Kampf. Wenn Schmied sagt, sie sieht etwaigen Streiks gelassen entgegen, das nehmen wir zur Kenntnis. Die Ministerin ist auf der ganzen Linie umgefallen. Kultur ist letztrangig. Und in Sachen Staatsoper ist Schmied auch nur eine Marionette. Der Kanzler bestimmt, wer Operndirektor wird.“

„Man hört von steigenden Steuereinnahmen, die Wirtschaftsdaten wurden nach oben korrigiert. Warum profitiert nicht auch die Kultur davon?“, meint Staatsoperndirektor Holender: „Ich bin zutiefst enttäuscht“. „Das hilft uns nicht weiter. Die Unterfinanzierung bleibt. Der Flurschaden ist schon da“, erklärt Burgchef Klaus Bachler.

Ausgangslage: Minus vier Prozent

Schmied verteidigt das Kulturbudget im Gespräch mit der „Presse“: „Es hat sehr harte Verhandlungen gegeben. Die Ausgangslage waren minus vier Prozent, der Spielraum war sehr eng“, sagte die Ministerin nach der Budgetrede des Finanzministers.

Mit fünf zusätzlichen Millionen Euro im Jahr 2008 sollten jedoch zum Beispiel die Bundestheater auskommen. „Klar ist aber auch, dass wir danach eine mittelfristige Lösung brauchen.“ Man müsse berücksichtigen, dass die steigenden Personalkosten für einige Institutionen eine starke Belastung seien. Allein zwei durchschnittliche Lohnrunden in den Bundestheatern können die eben erkämpften Erhöhungen egalisieren. Was waren die Kriterien für die kurzfristigen Erhöhungen? „Wir sind von einer Minimalvariante ohne die besonderen Investitionsvorhaben ausgegangen, die noch außerhalb dieses Rahmens budgetiert werden müssten“, sagt Schmied. Jetzt werde im Einzelnen der Bedarf erhoben. „Über die Verteilung der zusätzlichen Mittel wird erst verhandelt.“ Es könne aber nicht sein, dass jene, die sparsam gewesen seien, bestraft werden.

Was unterscheidet Schmieds Budget von dem der Vorgänger? „Ich habe einen deutlichen Akzent in der Filmförderung gesetzt. Film ist für mich einer der Zukunftsbereiche. Außerdem glaube ich, dass es einen starken Unterschied in der Herangehensweise gibt. Ich setze stark auf den Dialog mit den Künstlern.“ Was im Budget 2007/2008 erreicht wurde, sei aber sicher noch nicht genug. „Es muss noch eine gemeinsame Kraftanstrengung geben.“

Diese könnte u.a. darin bestehen, dass künftig bei der Hochkultur ein Valorisierungsmodell nach dem Vorbild der Universitäten gewählt wird. Vorerst allerdings gelten die Erhöhungen nur für ein Jahr. Immerhin wurde die Bundestheater-Novelle dahin gehend geändert, dass nun wieder wie vorher die Aufteilung der Subvention im Einvernehmen mit den Theaterdirektoren erfolgt. Ein Sieg für die Bühnenchefs, die gegen die Finanzgewalt des Holding-Chefs heftig protestiert hatten.

Morak: Gebrochene Versprechen

Weitere Budgetzahlen: Insgesamt steigen die Kunstförderungen von 227 (2006) auf 228,35 (2007) bzw. 231,89 Mio.€ 2008. Im Bereich Literatur werden 2007 und 2008 je 9,3 Mio. € veranschlagt, gegenüber 8,78 Mio.€ im Jahr 2006. Im Bereich Film, Fotografie und Medienkunst gibt es 2007 insgesamt 18,9 Mio.€ im Vergleich zu 15,75 Mio.€ im Jahr 2006. 2008 erfolgt wieder ein Rückgang auf 17, 8 Mio. €. Ein Sonderbudget gibt es für die EU-Kulturhauptstadt Linz 2009: 2007 zwei Mio. € und 2008: sechs Mio.€. Die Subvention des Österreichischen Filminstituts wird von 9,6 Mio.€ auf 12,176 Mio.€ (2007) und 12,57 Mio. € (2008) stark erhöht.

„Die Versprechungen von Ministerin Schmied an Künstlerinnen und Künstler spiegeln sich in keiner Weise im vorgelegten Budget wider“, meint VP-Kultursprecher Franz Morak. Die Film-Budget-Erhöhung sei aufklärungsbedürftig. Möglicherweise wurden hier nur Rücklagen aufgelöst.

Inline Flex[Faktbox] ZAHLEN: Kunst und Kultur("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2007)


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