Wasserkraft noch ausbaufähig

STROMVERSORGUNG. Die heimische Elektrizitätswirtschaft will bis 2017 rund 5,7 Mrd. Euro investieren.

Wie sicher ist Österreichs Stromversorgung? Darüber scheiden sich die Geister. Leopold Windtner, Generaldirektor des Verbandes der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ), zeigt sich besorgt: „Das einstige Strom-Exportland Österreich ist seit 2001 zum Netto-Stromimporteur geworden.“ Laut Berechnungen der TU Wien werde der zusätzliche Strombedarf aufgrund der steigenden Nachfrage und notwendiger Altersstilllegungen von Kraftwerken bis 2020 auf mindestens 29.000 GWh jährlich ansteigen.

Auch das Vorjahresergebnis des größten heimischen Elektrizitätsunternehmens Elektrizitätswirtschafts AG (Verbund) deckt – trotz für die Aktionäre erfreulichem Einnahmenrekord – gewisse Strukturschwächen auf. Zwar konnte das operative Ergebnis um 53 Prozent auf über 800 Mio. Euro gesteigert werden, dafür verantwortlich waren aber in erster Linie Vertriebserfolge im In- und Ausland sowie höhere Vertragspreise. Die Produktion von Wasserkraft war hingegen nicht berauschend: Unterm Strich entstand hier ein Produktionsminus von 934 Gigawattstunden im Vergleich zu 2005. Schuld daran waren die unterdurchschnittliche Wasserführung und der reduzierte Einsatz der Speicherkraftwerke.

Die gute Nachricht: Die Wasserkraft ist in Österreich durchaus noch ausbaufähig. Nach Auffassung von Energieexperten beträgt deren Ausbaugrad – unter Beachtung ökologischer und ökonomischer Randbedingungen – derzeit rund 70 Prozent, die Produktion könnte um etwa 16.000 Gigawattstunden gesteigert werden.

Der Ausbau läuft

Zur Zeit laufen einige Erweiterungs- und Erneuerungsprojekte. So errichten etwa die Illwerke derzeit mit dem Pumpwasserspeicherwerk Kops II ihre leistungsfähigste Anlage. Rund 215 Mio. Euro investiert der Verbund in die Modernisierung des Reißeck-Kraftwerks in Kärnten. Weitere Beispiele: der Bau des Kraftwerks Limberg II, die Arbeiten am Kraftwerk Gerlos II, das neue Salzach-Kraftwerksprojekt Werfen/Pfarrwerfen und die Maschinenerneuerung im Kraftwerk Aschach.

Insgesamt will die österreichische Elektrizitätswirtschaft in den nächsten zehn Jahren rund 5,7 Mrd. Euro in den Um- und Ausbau der heimischen Erzeugung investieren. „Da wir uns in einem liberalisierten Markt befinden, entscheiden aber die Unternehmen entsprechend den Rahmenbedingungen, wann und ob Kraftwerke errichtet werden“, so Windtner.

Schleppende Genehmigungsverfahren

Immer wieder erweist sich allerdings die Realisierung neuer Projekte als schwierig, nicht zuletzt aufgrund langer Genehmigungsverfahren. Aus der Sicht der Experten sollten hier Hürden abgebaut werden: „Österreich benötigt in Zukunft mehr denn je die Nutzung aller verfügbaren, erneuerbaren Erzeugungsformen im Sinne eines verlässlichen Energiemixes“, so Ludwig Summer, Vorstandsvorsitzender der Vorarlberger Illwerke AG. „Dazu leistet die Wasserkraft mit einem Erzeugungsanteil von rund 60 Prozent einen unerlässlichen Beitrag.“

Nicht verstecken muss sich Österreich, was die Effizienz der heimischen Kraftwerke betrifft. Windtner: „Mit Anlagenwirkungsgraden von bis zu 90 Prozent gehört die österreichische Wasserkrafttechnik zu den europäischen Spitzenreitern.“

Für eine sichere Stromversorgung des Landes sei allerdings der Ausbau der Netze notwendig, so der VEÖ-Chef. Auch hier gibt es Lichtblicke: „Der nun vorliegende positive Bescheid zum Lückenschluss des 380-kV-Ringes zwischen dem Burgenland und der Steiermark hat eine enorme Bedeutung für die Versorgung und Standortqualität Österreichs.“

Inline Flex[Faktbox] FACTS & Figures("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2007)


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